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Vorbild BLS

 

RABe 501

«Giruno» – der Bussard unter den Fernverkehrszügen

 

Im Jahr 2012 schrieb die SBB unter dem Projektnamen BeNe («Beschaffung Neue internationale Züge») 29 neue Züge für den Nord–Süd-Verkehr aus. Die Fahrzeuge sollten einstöckig und ohne Neigetechnik ausgeführt werden, um im Unterschied zu den ICN für den Einsatz im Gotthardverkehr optimiert zu sein.   Am 9. Mai 2014 fiel die Entscheidung zugunsten von Stadler Rail und ihrem neuen Hochgeschwindigkeitszug SMILE. Der Auftrag umfasste ein Volumen von 980 Millionen Franken mit Option auf 92 weitere Züge. Nach Einsprüchen der Mitbewerber Alstom und Talgo konnte der Vertrag am 30. Oktober 2014 rechtskräftig unterzeichnet werden. Seit 2015 wird das Projekt bei der SBB offiziell unter dem Namen Giruno geführt. Die RABe 501 sind 200 Meter lange, elfteilige Gliederzüge der SBB, gebaut von Stadler Rail in Bussnang. Der Zug wird von der SBB als Giruno bezeichnet – abgeleitet vom rätoromanischen girùn für «Bussard». Beim Hersteller trägt der Zug die Bezeichnung Stadler SMILE für Schneller Mehrsystemfähiger Innovativer Leichter Expresszug. 

Design

Das markante Design des Giruno stammt von der Agentur Nose Design AG. Das Gestaltungskonzept wurde 2017/18 mit dem Design Leadership Prize – Focus Ageing Societyausgezeichnet und steht für ein helles, grosszügiges Innenraumkonzept mit breiten Einstiegen, klarer Linienführung und zeitgemässem Komfort. Der Zug weist Abteile der 1. und 2. Klasse auf. Zusätzlich wurden ein Businessabteil mit anderem Lichtkonzept sowie ein grosszügiges Kinderabteil realisiert. Erstmals sind Behindertenplätze sowohl in der 1. als auch in der 2. Klasse vorhanden.

Inbetriebsetzung

Die erste Präsentation des Giruno erfolgte im September 2016 auf der Innotrans in Berlin. Der erste komplette Zug wurde am 18. Mai 2017 in Bussnang feierlich im Beisein von Bundespräsidentin Doris Leuthard ausgerollt. Im Rahmen der Zulassung erreichte der Giruno im Februar 2018 zwischen Hannover und Göttingen eine Geschwindigkeit von 275 km/h – rund 10 % über der Auslegungsgeschwindigkeit von 250 km/h. Am 4. April 2019 erhielt der Giruno vom Bundesamt für Verkehr die Betriebsbewilligung für 200 km/h auf dem Schweizer Netz. Die Zulassungen für Italien, Deutschland und Österreich folgten bis 2021. Seit Dezember 2019 verkehren die Züge fahrplanmässig durch den Gotthard-Basistunnel und verbinden Basel bzw. Zürich mit Chiasso, Lugano und Mailand. Auch auf der Linie Zürich – Chur sind die Giruno mittlerweile regelmässig anzutreffen.

Technisches

Der Giruno ist ein unteilbarer, elfteiliger Gliederzug mit Jakobs-Drehgestellen und unter den drei Stromsystemen 15 kV / 16,7 Hz AC, 25 kV / 50 Hz AC sowie 3 kV DC einsetzbar. Die Züge verfügen über Scharfenbergkupplungen Typ 10, WLAN, Steckdosen (Typ F und J), LED-Beleuchtung, grosse Gepäckablagen

und behindertengerechte Einstiegszonen auf 550 mm und 760 mm Perronhöhe. Die maximale Höchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/h. Mit seinem tiefliegenden Einstieg und rollstuhlgängigen Toiletten gilt der Giruno als erster «Niederflur-Hochgeschwindigkeitszug» der Welt.

Varianten und Komfort

Alle mittlerweile 41 ausgelieferten Züge verfügen über einen Speisewagen. Der Innenraum bietet sowohl Vis-à-vis- als auch Reihenbestuhlung mit Klapptischen, getrennte Toiletten für Damen und Herren sowie einen Pissoirbereich. Fahrradstellplätze und Familienzonen ergänzen das Angebot.

Zugtaufen

Jeder der sechsundzwanzig Giruno-Züge trägt den Namen und das Wappen eines Schweizer Kantons – ganz wie einst die legendären Ae 6/6-Lokomotiven. Die Wappen sind aussen beim Führerstand und zusätzlich im Speisewagen angebracht. Die erste Taufe erfolgte am 8. August 2019 in Bellinzona mit dem Zug RABe 501 003 «San Gottardo». Weitere Taufen folgten, darunter Uri, Zürich, Thurgau, Basel-Stadt und Ticino. Bis 2025 erhielten die meisten Züge Namen und Wappen – teils in stillen Taufen – darunter Aargau, Graubünden, Jura, Simplon und Vorarlberg. Die letzte Serie der Züge trägt Namen von Regionen, die sie anfahren wie Ligurien, Veneto oder Baden Württemberg – aktuell noch ohne Wappen.

Einsatz

Seit 2019 verkehren die Giruno-Züge im internationalen Gotthardverkehr, seit 2020 auch bis nach Mailand. Ab 2025 werden sie zudem auf den EC-Linien Zürich – Florenz, Zürich – Livorno – Genua sowie Zürich – Bologna eingesetzt. Langfristig ersetzen sie die bisherigen Neigezüge des Typs ICN und ETR 610. Die in den Jahren 2022 und 2024 nachbestellten zwölf zusätzlichen Züge sind inzwischen abgeliefert und ermöglichen es, den internationalen Verkehr nach Deutschland und Italien weiter auszubauen.

Kritik und Erfahrungen

In den ersten Einsatzjahren kam es zu Kinderkrankheiten bei Türen und Steuerungssystemen. Auch die Lärmdämmung und die hellen Innenräume wurden teils kritisiert. Stadler hat seither zahlreiche Nachbesserungen vorgenommen. Heute gilt der Giruno als moderner, komfortabler und technisch fortschrittlicher Hochgeschwindigkeitszug für die Zukunft des Schweizer Fernverkehrs der kaum von Störungsbedingten Zugausfällen betroffen ist. Die Verfügbarkeit der Züge erreicht beinahe 100% 

Technische Daten SBB RABe 501 «Giruno»

 

Bezeichnung RABe 501 «Giruno»
Hersteller Stadler Rail AG, Bussnang (SMILE)
Baujahre 2017 – 2024
Anzahl Züge 41 001 bis 041 
Zugtyp Einstöckiger Hochgeschwindigkeitszug (11 Teile)
Zuglänge über Kupplung 200 m
Breite / Höhe 2 900 mm / 4 100 mm
Gewicht ca. 400 t (Leergewicht)
Achsfolge Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’
Leistung 6 000 kW (unter 15 kV AC)
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (Konstruktion) / 230 km/h (Betrieb CH)
Stromsysteme 15 kV 16,7 Hz AC / 25 kV 50 Hz AC / 3 kV DC (Italien)
Antrieb Asynchronmotoren, Jakobs-Drehgestelle (Gliederzug)
Zugkraft (Anfahrt) 300 kN
Sitzplätze 117 (1. Klasse) / 288 (2. Klasse) + 9 Fahrradplätze
Ausstattung WLAN, Steckdosen (Typ F & J), LED-Beleuchtung, Klimaanlage, Speisewagen
Einsatz Basel / Zürich – Lugano / Mailand / Bologna / Venedig /Frankfurt und Florenz

 

Zugtaufen und Namen SBB RABe 501 «Giruno»

Nr. Name Bemerkung Wappen
501 001 Ticino Taufe nach COVID-Pause, 2021
501 002 Kanton Aargau Taufe 8.12.2023, Brunegg / Mägenwil
501 003 San Gottardo Taufe, 8.8.2019 Bellinzona  
501 004 Kanton Schwyz  
501 005 Kanton Nidwalden  
501 006 Kanton Obwalden  
501 007 Kanton Uri  
501 008 Monteceneri ehem. Ceneri Design
501 009 Kanton Zürich Taufe 23.11.2019 Zürich
501 010 Kanton Baselland  
501 011 Kanton Thurgau Taufe 26.9.2019 Frauenfeld
501 012 Kanton Solothurn  
501 013 Kanton Zug  
501 014 Kanton Bern  
501 015 Kanton St. Gallen Taufe 29.8.2021 Rapperswil
501 016 Kanton Glarus  
501 017 Kanton Fribourg / Freiburg  
501 018 Kanton Appenzell Ausserrhoden  
501 019 Kanton Appenzell Innerrhoden  
501 020 Kanton Luzern  
501 021 Kanton Graubünden Taufe 9.8.2024 Chur
501 022 Kanton Vaud  
501 023 Kanton Wallis  
501 024 Kanton Neuenburg  
501 025 Kanton Genève  
501 026 Kanton Basel-Stadt Taufe 21.5.2022 Basel SBB
501 027 Kanton Schaffhausen  
501 028 Kanton Jura Taufe 10.10.2024 Delémont
501 029 Simplon    
501 030 Lombardia    
501 031 Liguria    
501 032 Veneto    
501 033 Emilia Romagna    
501 034 Hessen    
501 035 Hamburg    
501 036 Toscan    
501 037 Baden Württemberg    
501 038 Niedersachsen    
501 039 Südtirol Trentino    
501 040 Voralberg    
501 041 Noch nicht gekauft    

 

BR 187 TRAXX III 

BLS BR 187 004 in Bellinzona

Bombardier präsentierte im Mai 2011 an der Transport und Logistik Messe in München die neuste Version der Zweifrequenz-Wechselstromlokomotive Traxx AC3 oder TRAXX III. Wie die Vorgängerinnen AC1 und AC2 ist die AC3 für den Betrieb unter 15 kV 16 2/3 Hz und 25 kV 50 Hz Wechselstrom ausgelegt und verfügt gleich wie die Vorgänger Modelle über eine Dauerleistung von 5600 kW. 

Neu ist die Kopfform der auf den Lokrahmen aufgesetzten Führerstände aus Glasfaserverstärktem Kunststoff und die Führerstände der TRAXX III sind erstmals, bereits ab Werk, für den Einbau der Zugbeeinflussung ETCS vorbereitet. Der Lokkasten wurde nicht mehr mit glatten Seitenwänden sondern mit sogenannte Flex-Panels versehen - die Flexpanels erlauben das Einspannen von vorgedruckten Planen mit Logos des EVU oder Werbepanels. Die Flexpanels verdecken in erster Linie die Sicken und sind kostengünstiger als eine Umlackierungen oder Umbeklebungen bei Mietlokomotiven.  In der Schweiz ist die Nutzung der Flex Panels untersagt.

Völlig neu sind die optional verfügbaren Last-Mile-Module, die es mit einem DPM (Diesel Power Modul) und einer Batterie gibt. Das LMD besteht aus einem Dieselmotor um auf nichtelektrifizierten Streckenabschnitten und Anschlussgleisen fahren zu können. Ein Dieselmotor mit einen Hubraum von 7150 cm³ und einer Leistung von 230 kW wird von einem 290 kW Akku unterstützt. Der Dieselmotor erfüllt die Euro 3 Abgasnorm. Auch im Dieselbetrieb werden alle vier Fahrmotoren angetrieben, die Anfahrzugkraft beträgt dabei zusammen mit Batterieunterstützung unverändert 300 kN, bei einer Last von 2000 t erreicht man eine V max von 40 km/h. Der Tankinhalt von 400 Litern reicht bis zu acht Stunden Dieselbetrieb, kurze Strecken können auch ausschließlich mit der eingebauten Batterie zurückgelegt werden. Der Umschaltung vom elektrischen Betreib auf Dieselbetrieb kann während der Fahrt erfolgen. Weiter verfügt die Maschine über eine Funkfernsteuerung die für den Rangierbetrieb eingesetzt werden kann. Dabei steuert der Lokführer die Maschine mit der Fernsteuerung vom Bodenaus und übernimmt auch das Kuppeln und Entkuppeln der Last. 

 

Technische Daten

Bezeichnung BR 187 TRAXX III
Inbetriebsetzung 2011
Höchstgeschwindigkeit 140 km/h
Länge über Puffer 18900mm
Breite 2978mm
Dienstgewicht 84t (85.5t)
Achsanordnung Bo'Bo'
Spurweite 1.435 mm
Fahrleitungsspannung 15 kV ~ 16,7Hz/3kV =
Leistung am Rad 5600kW
Normallast 650t

 

Einer der ersten Besteller von Traxx AC3 war der Fahrzeugvermieter Railpool, der aus seinem Rahmenvertrag mit Bombardier fünf Lokomotiven abrief. In der Schweiz oderte BLS cargo eine Serie von 3 Maschinen der TRAXX 3.


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DB Baureihe 120 

DB BR 120 154-0 mit IC 1174 am 23-10-2016 in Basel SBB nach Berlin Ost Bhf

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Vorbild Die BR 120 repräsentiert eine zeitlose Schönheit auf dem damaligen Höchststand der Technik und stellt die Mutter der Drehstromantriebstechnik schlecht hin dar. Die bei der  BR 120 bei den DB erstmals angewendete Drehstromtechnik, bei der aus dem Wechselstrom der Fahrleitung in Traktionsstromrichtern der Drehstrom zum Antrieb der Asynchron-Fahrmotoren gewonnen wird, revolutionierte die Bahntraktion weltweit und war massgebend am Erfolg dieser noch heute in jeder Neukonstruktion verwendeten Antriebsart. Die Drehstromtechnik ist effizient, verschleissarm und fällt dem Reisenden durch stufenloses Anfahren und Bremsen auf. Der Kollektorlose Motor zeichnet sich durch praktisch keine Abnützung aus und kann bis fast in den Stillstand, effizient elektrisch gebremst werden.

Seit Beginn des modernen Lokomotievenbaus hatten Konstrukteure das Ziel vor Augen, eine Lok für jeden Anspruch zu bauen. Also eine Lok, die in der Lage ist, sowohl schnelle Personenzüge wie auch schwere Güterzüge zu befördern. Die BR 120 konnte diesen Wunsch erfüllen. Die elegante Form der Maschine widerspiegelt die moderne Bahn der 80er Jahre und die Maschine macht noch heute vor jeder Zuggattung einen unübertroffen guten Eindruck. Auch wenn das langgestreckte, kantige Design der BR 120 nicht unumstritten, war es letztlich prägend für das Gesicht einer ganzen Generation im deutschen Lokomotivenbau der 80er Jahre. Mit ihrem sachlich-nüchternen Design blieben die 120er bis Heute eine zeitlose Schönheit.

Am 14. Mai 1979 wurde mit der 120 001 die erste von fünf Prototypen Lokomotiven mit Drehstromantriebstechnik an die damalige Deutsche Bundesbahn übergeben. Während vier Jahren wurden die Versuchsträger umfangreichen Tests unterzogen. Zuerst in einem Geschwindigkeitsbereich bis 160 km/h, später wurde die Geschwindigkeit sukzessive gesteigert, bis am 17. Oktober 1984 mit einem 250t schweren Sonderzug zwischen Augsburg und Donauwörth, eine Geschwindigkeit von 265 km/h erreicht wurde. Damals ein Weltrekord für Fahrzeuge mit Drehstromtechnik.

Die BR 120 war dermassen erfolgreich, dass 1984 insgesamt 60 Serienlokomotiven zu einem Stückpreis von 5,5 Millionen D-Mark bestellt wurden. Und ab 1987 an die Deutsche Bundesbahn ausgeliefert wurden. Die ausgereiften Serienloks wurden sofort nach ihrer Auslieferung in strengen Umlaufplänen eingesetzt, in denen sie tagsüber Intercityzüge und InterRegio-Züge beförderten und sich nachts vor schnellen Güterzügen bewährten. Die BR 120 überzeugt durch Qualität und Leistung, Tageslaufleistungen von über 1`000km pro Tag konnten ihr kaum etwas anhaben, so dass Aufenthalte im BW für die Unterhaltsarbeiten nur kurz ausfiellen und sich auf wenige Arbeiten beschränkten. Von der Laufleistung her betrachtet erreichten die BR 120 ihren Zenit nach der Eröffnung der letzten Teilabschnitte der Neubaustrecke Hannover-Würzburg und vor dem Start des ICE-Verkehrs 1991. Fahrleistungen von knapp 1`500 km pro Tag waren für die Maschinen die Regel.

Die Idee von einer Universallok fand ab 1994 mit der Bahnreform und der Divisionalisierung in einzelne Geschäftsbereiche ein Ende. Die 120er wurden allesamt dem Geschäftsbereich Personen Fernverkehr zugeordnet und konnten daher ihre universellen Eigenschaften in den Güterzugeinsätzen nicht mehr zur Geltung bringen. Nachdem die fünf Prototypen noch in vornehmer bordaux/cremebeiger TEE - Lackierung oder IC-Lackierung ausgeliefert wurden, erhielten die späteren Serienloks der BR 120 die zeitgenössische Einheitsfarbgebung Orientrot mit Lätzchen und später das neue DB Design in Neurot. Mittlerweile sind die Maschinen über 30 Jahre alt und entsprechen nicht mehr ganz dem Stand der Technik. Sie werden immer mehr in untergeordnete Einsätze degradiert oder zum Teil unfallbedingt abgebrochen, bereits im Jahre 2002 schieden die Vorserien-120er aus dem regulären Dienst aus und wurden bei DB Systemtechnik als Erprobungsträger eingesetzt.

Die BR 120 galt als Hoffnungsträger der Deutschen Bundesbahn wurde jedoch leider nie in einer ganz grossen Stückzahlen bestellt und blieben auch ohne einen direkten Nachfolger. Nun geht die Einsatzgeschichte der BR 120 langsam aber sicher zu Ende. Eine definitive Ausmusterung ist für 2020 vorgesehen.  

 


Technische Daten

 

Bezeichnung BR 120
Inbetriebsetzung 1979-1989
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Länge über Puffer 19200mm
Breite 2978mm
Dienstgewicht 84t 
Achsanordnung Bo'Bo'
Spurweite 1.435 mm
Fahrleitungsspannung 15 kV ~ 16,7Hz/25kV~50 Hz
Leistung am Rad 5600kW
Anfahrzugkraft 340 kN
Anzahl 65

 

Der Wunsch wenigstens eine Lok der BR 120 betriebsfähig zu erhalten, stellt die Verantwortlichen vor einige nicht unerhebliche Probleme oder könnte sogar unmöglich sein. Denn im Gegensatz zu einer herkömmlichen Elektrolokomotive mit einfachen elektrischen Bauteilen, die sich in fast jeder Werkstadt durchaus auch selbst herstellen oder zumindest revidieren lassen, ist es bei einer Lokomotive mit "moderner"  Leistungselektronik nahezu unmöglich, originale aber schadhafte Komponenten zu reparieren oder gar neu zu bauen. Und die gesamte Traktions- und Steuerelektronik gegen neue, moderne Komponenten zu tauschen kommt einem Neubau gleich.

Bei den meisten BR 120 die zur Zeit in Museen oder Bahnparks der Öffentlichkeit zugänglich sind, handelt es sich nicht immer um fahrfähige Exponate. Eine Ausnahme ist die BR 120 003-9 im Bahnpark Augsburg, sie ist zwar fahrfähig, hingegen der Öffentlichkeit nicht frei zugänglich.

Die Baureihe 120 hat während bald vier Jahrzehnten auf dem Netz der Deutschen Bahn Geschichte geschrieben und wurde zu einem Star unter den Triebfahrzeugen. Selbst für den Bau der ICE-Triebköpfe wurde die Technik der BR 120 zum Vorbild. Wenn die Loks der BR 120 nun nach und nach aufs Abstellgleis verschoben werden, so sind sie auf dem besten Weg eine Legende zu werden. 

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SBB Universallokomotive Re 4/4 lV

 

SBB Re 4/4 IV 100 in Bahn 2000 Werbelackierung in Brig 

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Geschichte In den 70er-Jahren begannen auch die Ingenieure der SBB  geeignete Formen für einen Hochgeschwindigkeitsverkehr in der Schweiz zu evaluieren. Das Projekt Bahn 2000 nahm Form an und verschiedene Kosten-Nutzen-Analysen führten zur Erkenntnis, dass zukünftig sowohl Infrastruktur als auch das Rollmaterial für eine Geschwindigkeit von 200 km/h ausgelegt werden soll. Dafür mussten auch geeignete Triebfahrzeuge beschafft werden. Die im Einsatz stehenden und zuverlässigen Re 4/4 II waren für diesen Zweck zu schwer und die verwendete Technik nicht mehr in der Lage die benötigte Leistung zu liefern. Die Gleichrichtertechnik, die es erlaubte mit Thyristoren mehr Leistung und diese stufenlos, zur Verfügung zu stellen, steckte noch in den Kinderschuhen und bereitete bei den wenigen im Einsatz stehenden Prototypen viel Störungen.

Technik Auf den bereits mit Rangierfahrzeugen und Triebzügen gewonnen Erkenntnissen entwickelte die Industrie, in Kooperation von SLM und BBC, vier Prototyp-Lokomotiven vom Typ Re 4/4.  Um das Gesamtgewicht möglichst tief zu halten, wurde der Lokkasten in einer fensterlosen Leichtstahl-Bauweise mit den markanten, gesickten Seitenwänden ausgeführt. Dadurch liess sich die geforderte maximale Achslast von 20 Tonnen einhalten. In den Drehgestellen arbeiten einzeln abschaltbare Wellenstrommotoren, die von ölgekühlten Hochleistung-Thyristoren mit Gleichstrom gespiesen werden. Durch das stufenlose ansteuern der Motoren erhöht sich der Rad/Schiene Haftwert so, dass eine Zugkraft einer 120t schweren Ae 6/6 erreicht wird.  Zu Testwecken bekamen zwei Lokomotiven Getriebe von BBC und zwei Maschinen solche von SLM. Die installierte Leistung erlaubte eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und eine Dauerleistung von ca. 5050 kW bei 85 km/h.

Im April 1982 konnte die Industrie mit der ersten Lokomotive, der Re 4/4 10101 ihre ersten Probefahrten absolvieren. Die drei anderen Maschinen wurden im Sommer 1982 direkt an die SBB abgeliefert, der dann auch die 10101 folgte. Erstmals erreichte 1983 ein SBB Triebfahrzeug im Heitersberg-Tunnel die Geschwindigkeit von 175 km/h, 10 % mehr als für die Zulassung von 160 km/h gefordert sind.

Da die SBB beabsichtig hatten, von dem bekannten grünen Farbschema abzukommen, erhielten jede der vier Lokomotiven ein neues, unterschiedliches Design. Alle vier Maschinen erhielten rote Führerhäuser. Die 10101 jedoch mit dunkelgrauen Seitenwänden, die 10102 mit hellgrauen Seitenwänden. Die 10103 wurde komplett rot lackiert und mit einem grossen SBB-Signet auf der Seitenwand versehen und die 10104 war auch komplett rot, aber mit kleinem SBB-Signet. Die 10103 bekam zusätzlich einen weissen Zierstreifen bei der 10102 wurde dieser nicht realisiert und bei 10101 und 10104 nur jeweils auf einer Seitenwand und einer Front.  Da der Stand der Technik die Rekuperationsbremsung mit Thyristorsteuerung noch nicht erlaubte, wiesen die Lokomotiven nur eine elektrische Widerstandsbremse auf. Es zeigte sich auch, dass die neue Technik, grössere Störbeeinflussungen an  Sicherungsanlagen und Signalanlagen verursachte als angenommen. Die Behebung dieser negativen Beinflussungen erforderten einen grossen Aufwand durch Abschirmungen. Trotz rascher Beseitigung von Kinderkrankheiten und laufenden Verbesserungen an der Lok-Technik, stand bereits 1985 fest, dass die Lokomotive nicht in Serie gehen würde, weil eine Lok vom Typ Re 460 bereits in Planung und und er Konstruktion waren. Die Re 460 wurden in 118 Einheiten bestellt und in Betrieb genommen. 


 

 

 


Technische Daten

Bezeichnung Re 4/4
Inbetriebsetzung 1982
Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
Länge über Puffer 15800mm
Breite 2950mm
Dienstgewicht 80t 
Achsanordnung Bo'Bo'
Spurweite 1.435 mm
Fahrleitungsspannung 15 kV ~ 16,7Hz
Leistung am Rad 4960kW (max 5050kW)
Anfahrzugkraft 300 kN
Anzahl 4

 

 

 

Führerstand  Re 4/4 IV - funktional, aufgeräumt und noch viele Details die eine Verwandtschaft mit den Re 4/4 II und den Re 6/6 nicht leugnen lassen

Zum Einsatz kamen die  Maschinen, die wie damals üblich dem Depot Lausanne zugeteilt waren, hauptsächlich im Kreis 1, auf der Strecke Genf - Brig - Domodossola. Einerseits weil die Strecke einen hohen Anteil an Streckenabschnitten mit einer V max von 140 km/h und mehr aufwies, aber auch, weil neue Triebfahrzeuge, solange die SBB aus den drei Kreisdirektionen bestand,  immer zuerst im Kreis 1 eingesetzt wurden, bis sie dann mit zunehmendem Alter, auch in die anderen Kreise gelangten. Ende 1986 bekamen alle vier Maschinen eine einheitliche Lackierung im sogenannten verkehrsrot. Als die für die Schweizerverkehrspolitik wichtige Abstimmung zum Projekt Bahn 2000 anstand, trugen alle vier Re 4/4 IV die markante Vollwerbung Bahn 2000. Danach wurde ihr äusseres Erscheinungsbild den bereits ausgelieferten Re 460 angeglichen. 

Die Maschinen waren für Geschwindigkeitsversuche im höheren Bereich, beliebte und meistens die einzigen tauglichen Triebfahrzeug, so auch als 1987 eine Mehrfachtraktion aus drei Re 4/4 IV den Schweizer Geschwindigkeitsrekord auf Schienen mit 192 km/h aufstellte, welcher erst 1992 von den neuen Re 460 gebrochen wurde. Der Unterhalt der Prototypen-Serie gestaltete sich im Vergleich zu den Grossserien als äusserst kostenintensiv. Auch weil die Lokomotiven oft von grösseren Schäden betroffen waren. Da Ersatzteile kaum vorhanden und immer erst neu angefertigt werden mussten, wiesen die Maschinenoft lange Stillstandszeiten auf. Deshalb versuchten die SBB die vier Maschinen zu verkaufen, mit der SOB konnte man sich schliesslich auf einen Fahrzeugtausch einigen, die vier SBB Re 4/4 IV  gegen die vier SOB Re 4/4 III. Die vier Re 4/4 IV blieben damit Einzelexemplare.

Die Re 4/4 IV ist eine interessante Erscheinung. Die moderne, eigenwillige und im Windkanal eruierte Kopfform, hatte etwas futuristisches an sich. Die Bezeichnung Re-vier-vier-vier ist gewöhnungsbedürftig und der "Zungenbrecher" wurde bald durch BoBo-vier oder Container, oder wegen der lauten Lüfter, durch Staubsauger ersetzt. Persönlich gefällt mir die Form der Re 4/4 IV besser als die neuen Re 4/4 VI bekannt als Re 460 und leider wurde das Projekt, die Re 4/4 IV auf Rekuperationsbremse umzubauen, nicht mehr realisiert.  Ich bin auch der Meinung, dass die Bedienung einer Re 4/4 IV (ausgerüstet mit der neusten Umrichtertechnik) angenehmer gewesen wäre, als der bei der Re 460 verwendete Horwath Führerstand.

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