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ETR 470 – Der Cisalpino-Neigezug

ETR 470 004 als CIS von Stuttgart nach Milano Centrale in Zürich HB

Vorgeschichte Die Topographie der gebirgigen Schweiz stellte schon immer hohe Anforderungen an die Techniker und Entwickler von Eisenbahnfahrzeugen. Noch bevor die Projekte Bahn 2000 und die Gotthard- sowie Lötschberg-Basistunnel in Betrieb gingen, suchten die Bahnen nach Möglichkeiten, auf den kurvenreichen Gebirgsstrecken konkurrenzfähige Fahrzeiten zu erzielen.

1991 begannen die SBB zusammen mit der BLS umfangreiche Tests für eine neue Generation von Neigezügen. Dazu wurde ein verkürzter, vierteiliger Zug des italienischen Typs ETR 450 der FS auf der BLS-Nordrampe eingesetzt, um das Fahrverhalten und die Zuverlässigkeit der Neigetechnik unter alpinen Bedingungen zu erproben.

Die positiven Ergebnisse dieser Versuchsfahrten führten zur Gründung der CISALPINO AG, einem Gemeinschaftsunternehmen von FS, SBB und BLS. Die Gesellschaft bestellte bei FIAT Ferroviaria neun Neigezüge, äusserlich baugleich mit dem italienischen ETR 460, jedoch für den grenzüberschreitenden Betrieb als Mehrsystemzüge ausgelegt. Neben den italienischen 3 kV DC-Abschnitten konnten sie auch auf dem schweizerischen 15 kV 16 ⅔ Hz-Netz verkehren; später wurden sie zusätzlich für das deutsche DB-System ausgerüstet. Die neue Baureihe erhielt die Bezeichnung ETR 470.

Neigetechnik Die Züge verfügten über eine pneumatische Neigetechnik, die bis zu 8° Wagenkasten­neigung erlaubte. Dadurch konnten die vielen Kurven auf den Gebirgsstrecken von Gotthard und Lötschberg rund 20 % schneller befahren werden. Ein spezieller Stellmechanismus verhinderte, dass sich die Stromabnehmer mitneigten, sodass sie stets parallel zum Fahrdraht anlagen.

Eine Garnitur bestand aus neun Wagen – drei Wagen 1. Klasse, ein Speisewagen und fünf Wagen 2. Klasse. In der 1. Klasse waren die Sitze im 2 + 1-Layout, in der 2. Klasse im 2 + 2-Layout angeordnet. Im Betreib war die Komposition nicht trennbar und auch Doppeltraktion mit einem zweiten Zug war nicht möglich. Der Speisewagen bot frisch zubereitete Mahlzeiten und eine kleine Bar, an der Espresso und Cappuccino serviert wurden – ganz im Stil italienischer Gastlichkeit.

Elektrischer Teil Die Traktion erfolgte über drei UDT-Einheiten (Unità di Trazione), von denen jede zwei Bordnetzumrichter (BUR) und vier Drehstrom-Asynchronmotoren speiste. Die Motoren waren am Wagenkasten aufgehängt und trieben über Kardanwellen die Achsen im Drehgestell an. Die Gesamtleistung von 6 MW ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h, beeindruckend für einen fast 800 t schweren Zug.

 Technische Daten

Gesamtlänge 237 000 mm
Leergewicht 798 t
Leistung 6 MW
Anfahrzugkraft 260 kN
Bremssysteme Rekuperations-, Magnetschienen-, Scheiben- und Widerstandsbremsen
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Baureihenbezeichnung ETR 470
Herstellungskosten ca. 25 Mio. CHF pro Zug
Sitzplätze 475 (1./2. Klasse + Bar)
Baujahre 1993 – 1996
Spurweite 1435 mm
Stromsysteme 15 kV 16 ⅔ Hz AC / 3 kV DC
Zugsicherungssysteme Integra / ZUB 121, PZB 90, FS RS, ab 2007 ETCS

 Video: Unterwegs mit dem ETR 470 2:56 min

Verbleib der Züge Nach der Auflösung der Cisalpino AG am 13. Dezember 2009 wurden die neun Züge auf die Mutterbahnen verteilt: vier an die SBB und fünf an Trenitalia. Die SBB-Einheiten verkehrten noch bis 2014 als EuroCity zwischen Zürich und Mailand, ehe sie wegen zunehmend technischer Probleme und wenig ausreichender Zuverlässigkeit aus dem Verkehr gezogen wurden. Die italienischen Züge blieben bis 2015 im Einsatz und wurden danach nach Reggio Calabria überführt, wo sie nach kurzer Abstellzeit verschrottet wurden. Erhalten blieb lediglich ein Endwagen des SBB-ETR 470 009, der heute im SBB Historic-Depot Erstfeld noch an die Ära der Cisalpino-Neigezüge erinnert.

ETR 470 002 als CIS 153 Zürich - Florenz am Gotthard bei Rodi-Fiesso TI

 

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