SBB Re 4/4 II 11181 mit einem Schnellzug Chur - St. Gallen in Rorschach (Foto W. Elmer)
Anlässlich dieses Feierabendbiers in der "Alten Post" kam Daniel Bourret die Idee, eine dieser "traurig grünen" SBB Lokomotiven zu neuem Glanz zu verhelfen. Er wollte die SBB überzeugen, ihm eine Lokomotive für seine künstlerischen Ideen zu überlassen. Seine Kollegen meinten, dass sei unmöglich! Bourret schloss darauf eine Wette über zwei Harasse Bier ab, dass er seine Idee in die Tat umsetzen werde. Umgehend kontaktierte Bourret die SBB Generaldirektion und erklärte sein Vorhaben er legte auch Bilder seiner Caravelle bei. Die Antwort aus dem Hause SBB liess auf sich warten und als sich dann jemand von den SBB meldetet, war es der Chef der Abteilung Hochbau, heute wohl Liegenschaftenverwaltung. Sein Vorschlag war, dass er sich für diese Idee, bei der richtigen Stelle einsetzen wolle. Der Erfolg war dann bescheiden, die SBB wollte Bourret für sein Vorhaben lediglich einen Güterwagen zur Verfügung stellen. Was für DB keine Option war. Ein zweiter Versuch, ein paar Monate später, der damalige Generaldirektor war Hans Eisenring, der vor seinem Mandat bei den SBB, Direktor bei der Flug- und Fahrzeugfabrik Altenrhein FFA war und auch die Caravelle von Bourret kannte, war bereit, Bourret eine Re 4/4 II zur Verfügung zu stellen. Dass es sich dabei um die Re 4/4 II 11181 handelte war reiner Zufall, wohl war derer Frist bald abgelaufen und in einer R0 hätte sie komplett saniert, mit den neuen eckigen Schweinferfer ausgerüstet werden und in der neuen roten Lackierung wieder auf die Schienen gestellt werden sollen.
So konnte also mit dem Werk begonnen werden und die SBB stellte Daniel Bourret sogar Personal zur Unterstützung zur Verfügung. In der Grundreinigungsanlage im Vorbahnhof des Zürcher Hauptbahnhof, vis-à-vis der Hauptwerkstätte wurde die Lok vorbereitet. Fenster und Anschriften wurden abgedeckt und die SBB stellte sogar eine Spritzanalge zur Verfügung. Die Lok wurde vom alten Anstrich gar nicht befreit, sondern es wurde gleich über das alte "SBB grün" neu Grundiert. Als Bourret mit dem künstlerischen Teil beginnen wollte, besann man sich bei den SBB nochmals und bemerkte, dass gar niemand wusste, was dieser Bourret überhaupt im Schilde führte. Es wurden umgehende Skizzen und Entwürfe vom Künstler verlangt. Daniel Bourret brach seine Arbeit wieder ab und liess die Lok, im grundierten Zustand, einfach stehen. Ein klärendes Gespräch und das Versprechen, dass auf der fertigen Lok keine anstössigen Bilder oder religiöse Zeichen zu sehen sein würden, sondern etwas Abstraktes und buntes, liess man Bourret unter strenger Aufsicht gewähren. Ein Beamter habe täglich in der Nachtpause, mit Schreibstift und Block bewaffnet, Notizen über den Stand der Arbeiten gemacht und diese umgehend zur Kreisdirektion rapportiert.
Am 23.02.1984 trifft die SBB 11181 die ÖBB 1044.75 - eine ganz seltene Begegnung eingefangen von W. Elmer
Für die "groben" Arbeiten wurde mit der Grossspritzpistole gearbeitet, für kleine und feine Details mit Spraydose, Schablonen und Abdeckfolie. Peinlich genau wurde darauf geachtet, dass keine Chromstahl Ziffern und Zahlen übermalt wurden. Die Dienstanschriften wurden nachträglich vom SBB Personal der Hauptwerkstätte Zürich wieder angebracht. Die Farben und alle Hilfsmittel finanzierte Bourret aus der eigenen Tasche. Die Lackierung erfolgte nicht nach einer Vorlage sondern intuitiv. War ein Strich oder ein Zeichen erst einmal auf der Lok, blieb das auch so. Es gab keine nachträglichen Korrekturen. Die Lok wurde am 7. Juli 1983 dem Publikum als "rollende Leinwand" präsentiert und blieb bis im Dezember 1984 in Betrieb. Länger als ursprünglich geplant. Unterschiedlich waren die Reaktionen auf die Lok, glaubten doch einige an einen Aprilscherz, eines war der Lok aber sicher. Sie war wohl die meistbeachtete Re 4/4 aller Zeiten. Im Volksmund wurde sie als "Picassolok", "Poplok" oder einfach Bourret (Burree) Re 4/4 bezeichnet.