Spur 1 Lokomotiven

Ein Lokmodell der "Königsklasse" ist immer etwas ganz spezielles. Bei einer Detaillierung die bis zur letzen Schraube stimmt, ist das Fahren gar nicht mehr so sehr zwingend. Bereits das Begutachten eines solchen Modelles kann einen befriedigen. Ist ein Betireb mit dem Modell möglich, wähnt man sich schon fast als Lokführer bei der richtigen Bahn.

 

 

Il Caimano - l'E 656

Der Caimano - bitte nicht Füttern! Die italienische E656 als limitiertes Handarbeitsmodell von Kiss Modellbahnen Schweiz in der Königsspur 1

Der Unterschied zwischen einem Kaiman und einem Krokodil? Kaimane sind eine Unterfamilie der Alligatoren und unterscheiden sich von Krokodilen hauptsächlich durch die Form ihres Schädels und ihrer Zähne. Während Krokodile lange, schmale Schnauzen haben, besitzen Kaimane meist breitere und rundere Schnauzen. In der Eisenbahnszene ist die Bezeichnung „Krokodil“ wohl den meisten als Typenbezeichnung für die Schweizer Gotthardlokomotiven Ce 6/8 und Be 6/8 bekannt. Auch die Deutsche Bahn verfügt mit der E 94 über eine Art „Krokodil“, und in Österreich gibt es mit der 1189 ebenfalls ein „Krokodil“. Weniger bekannt ist jedoch, dass auch im Süden bei der italienischen Staatsbahn einige „Reptilien“ ihren Dienst verrichten. Trenitalia besitzt über 460 „Kaimane“ – die mächtigen Gelenklokomotiven vom Typ E 656. Die E 656 sind sechsachsige Gelenklokomotiven die über zwölf (!) Motoren in drei Drehgestellen angetrieben werden. Das zentrale Gelenk lässt Bewegungen horizontal und vertikal zu, was die Maschine sehr gelenkig macht und zusammen mit der charakteristischen Form der Front, den Lokomotiven den Über Namen Caimano verleiht. Gebaut wurden die E 656 von 1975 bis 1989 in sechs Serien von einem Konsortium aus Officine Casaralta, Officine Meccaniche Reggiane, SOFER, TIBB, Componentistica Ercole Marelli, Asgen, Italtrafo und Ansaldo Breda. 

Regionale 5568 von Lamezia Terme Centrale nach Villa San Giovanni mit einer E 656 geführt

Kiss Modellbahnen Schweiz zeigt nun das Muster des Spur-1-Modells der E 656.001. Bereits 2017 entschied die damalige Firma Kiss Modellbahnen Viernheim, diese Maschine als Modell für die Königsspur Spur 1 anzukündigen. Wie bei den meisten Modellen von Kiss waren für diesen Entscheid auch das eigene Interesse und die Freude am Vorbild ausschlaggebend. Und dass der „Zug der Züge“, der Venice Simplon-Orient-Express (VSOP), am 3. Mai 2017 ab Chiasso bis Venedig mit einer E 656 bespannt wurde, trug wohl ebenfalls erheblich zu diesem Entscheid bei. Die Realisierung von Modellen nach italienischen Vorbildern gestaltet sich für Hersteller jedoch nicht einfach. Die Beschaffung von Planunterlagen ist sehr aufwändig und langwierig, da die entsprechenden Stellen in Italien sehr zurückhaltend mit der Herausgabe von Unterlagen sind, sofern sie überhaupt herausgegeben werden. Und der heilige Gral, das Internet, liefert für die Umsetzung des Originals ins Modell wenig bis gar keine Daten für die E 656. Dass ein Exot wie die italienische E 656 dann noch genügend Interessenten auf dem Markt findet ist, ebenfalls nicht selbstverständlich. Dies sind die Gründe, warum es von der Idee bis zur Präsentation eine lange Zeit gedauert hat. Doch wie so oft, ergab sich noch kurz vor dem Start der Konstruktion die Gelegenheit, ein italienischer Spezialist für die E 656 stellte seine kompletten Daten Kiss zur Verfügung, sodass das Projekt letztlich realisiert werden konnte. Nun ist das Muster verfügbar und vermag nicht nur Kenner dieser Maschine zu begeistern. 

 


Die vorbildgerechte und massstabgetreue Umsetzung in Spur 1 verlangt von den Konstrukteuren viel Feinarbeit und Geduld. Dank der modernsten CAD-Technik und der engen Zusammenarbeit mit italienischen Modellbahnern, die wertvolle Informationen und Rückmeldungen gegeben haben, konnte das Modell schliesslich verwirklicht werden. Die E 656, gilt als ein echtes Juwel unter Eisenbahnfreunden. Die Entwicklung des Kiss Modellbahnen begann bereits im September 2017, doch bis zur Präsentation des fertigen Musters im August 2024 war es ein langer Weg. Ein entscheidender Zufall, der zur Beschleunigung des Projekts beitrug, war die Sperrung der Rheintalstrecke im Jahr 2017 aufgrund einer Havarie beim Bau des Rastattunnels. Diese Sperre führte zu weitreichenden Änderungen in den Lokumläufen auf dem gesamten europäischen Schienennetz und ermöglichte es, eine E 656 von Trenitalia Cargo mehrere Tage lang in Chiasso zu fotografieren. Diese Fotos und weitere gesammelte Daten bildeten die Grundlage für die detaillierte 3D-Konstruktion und den Bau des Modells.

 

E 656 001  in Chiasso auf der Umfahrungsstrecke zum Bahnhof Chiasso Smistamento

Das Modell der E 656 von Kiss Modellbahnen Schweiz ist eine beeindruckende Metallkonstruktion, die aus über 3200 Einzelteilen besteht. Hergestellt aus Messing und Stahl, wird es in einer limitierten Stückzahl von knapp 100 Exemplaren handgefertigt. Angetrieben wird das Modell über vier Achsen von zwei starken Maxon-Präzisionsmotoren. Die Lok verfügt über ein funktionales Gelenk, das sowohl horizontale als auch vertikale Bewegungen ermöglicht, während das mittlere Drehgestell nicht seitenverschiebbar ist. Trotzdem ist das Modell in der Lage, enge Radien von 1020 mm zu befahren.

  

Ein Highlight des Modells ist der ZIMO MS990 Decoder, der mit einem 128 Mbit Soundspeicher, drei Supercaps Energiespeichern und einem SUSI Interface ausgestattet ist. Der Sound wurde von Paolo Portigliatti aus Turin, speziell für dieses Modell designt. Um den Decoder zu aktualisieren oder eigene Sounds zu laden, verfügt das Modell über eine magnetisch gesicherte Haube auf dem Dach, die den Zugang zur SUSI-Schnittstelle ermöglicht, ohne dass das Modell geöffnet oder bewegt werden muss.

 

Das Modell ist absolut massstabsgetreu und äusserst detailliert. Die sechs Achsen und die drei Drehgestelle sind mit einer Vielzahl von Details wie Federpaketen, Achslagern, Bremsklötzen und Leitungen ausgestattet. Der Faltenbalg besteht aus flexiblem Gummi, und die Führerstandtüren lassen sich öffnen, um den Blick auf den detailliert nachgebildeten Innenraum freizugeben. Besonders auffällig sind die ikonischen "Spaghetti-Stühle" im Führerstand, die auch im Maßstab 1:32 nachgebildet wurden.

  

Der "Spaghettistuhl" - kein Zeichen von Sparsamkeit, sondern pure Ingenieurskunst - die Sitzflächen aus feinem Spaghetti lassen die heisse Luft besser zirkulieren und schützen vor Schweiss - bei 35 Grad in der Poebene sehr willkommen - im Modell meisterhaft umgesetzt. 

Die E 656 von Kiss Modellbahnen Schweiz ein hochwertiges, detailreiches Modell mit exzellenten Fahreigenschaften und umfangreichen Funktionen für Sammler und Modellbahner. Ob als funktionsfähiges Modell im Einsatz vor schweren Zügen auf der Anlage oder als Ausstellungsstück in der Vitrine, dieses Modell verspricht ein echtes Erlebnis und weckt Erinnerungen an vergangene Reisen entlang der Adria oder der ligurischen Küste.

Technische Daten 

Vorbild

 

Modell

Achsanordnung

Bo'Bo'Bo

Bo'Bo'Bo

Länge über Puffer

18290 mm

571.3 mm

Drehgestellachstand

2850 mm

89 mm

Fahrleitungsspannung

3000 V DC

18-22 V DCC

Gewicht

120 t

6`200g

Anzahl Fahrmotoren

12

2

Dauerleistung

3780 kW

6A / 132W

Maximale Leistung

4800 kW

10A / 220W

Höchstgeschwindigkeit

150 Km/h

 1,3 m/s ≙ 150 km/h

Baujahr ab

1989

2024

Hersteller

Sofer/Ansaldo

Kiss Modellbahnen Schweiz

 

Foto Gallerie 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kiss Am 843 / G 1700 im M 1:32

 

Kiss Vosloh G 1700 in der Variante von SBB cargo im Massstab 1:32

Vorbild Als Ersatz für die in die Jahre gekommenen Em 3/3 und Bm 4/4 sowie die Bm 6/6 wie auch die Großdiesel vom Typ Am 6/6 im Rangierbahnhof Limmattal RBL musste sich die SBB anfangs des 2. Jahrtausends mangels heimischer Produktion auf anderen Märkten umsehen. Für Rangieraufgaben auf einem Netz, das fast zu 100 % elektrifiziert ist, waren die überalterte, störungsanfällig geworden Maschinen mit Abgaswerten die schon lange nicht mehr die Anforderungen der Luftreinhalteverordnung erfüllten, nicht mehr zeitgemäss. Fündig wurde man in Kiel bei Vosloh, mit deren MaK G 1700-2 BB. Die MaK G 1700- 2 BB ist eine dieselhydraulische Lokomotive mit der Achsfolge B’B’ und einer Leistung von wahlweise 1500 kW oder 1700 kW. Sie erreicht eine maximale Geschwindigkeit von 100 km/h. Je nach Ausrüstungsvariante bringt sie es auf eine Dienstmasse von 80 t bis 90 t. Dabei erreicht sie eine Anfahrzugkraft von 291 kN. Mit einem extra für die Schweiz neu entwickelten Partikelfiltersystem erfüllen die in der Schweiz mit der Bezeichnung Am 843 zum Einsatz kommende Maschinen auch wieder die hohen Anforderungen der Luftreinhaltevorschriften. Für die Schweiz wurden insgesamt 73 Exemplare der G 1700-2 BB oder eben Am 843 an SBB cargo geliefert, weitere drei Lokomotiven gingen an das Bauunternehmen Sersa. Diese wurden für die Ausrüstung des Lötschberg-Basistunnels (LBT) eingesetzt. Drei Am 843 orderte die BLS für den späteren Einsatz in den Interventionszügen im LBT. Die Am 843 basiert auf den dieselhydraulischen Standardlokomotiven vom Typs G 1700-BB und der G 1206, ist aber im Gegensatz zu den Standardversionen auf den in der Schweiz üblichen Linksverkehr ausgelegt. Führerstandtüren, Führerpultanordnung und Auspuffkamin sind daher links angeordnet. Zusätzlich weisen sie Frontgeländer mit Schutzblechen und integrierten liegenden Dienstlampen auf. 

 

Modell der Am 843 090 von Vorne

Modell Kiss Modellbahnen Schweiz fertigt die G 1700-2 BB in acht verschiedenen Varianten für die Königsspur im Maßstab 1:32 in einer limitierten Stückzahl als Messinghandarbeitsmodell. Das bereits beim Vorbild bullige Original kommt in dieser Modellgröße auch im Modell wuchtig zur Geltung. Das Modell misst über 470 mm und bringt ein Gewicht von knapp 3`700 g auf die Waage. Die Kiss Am 843 besteht aus über 2500 Einzelteilen aus Messing und Stahl. Es werden drei Varianten der SBB, die BLS und die SERSA Maschinen angeboten. Für den deutschen Markt sind die MWB, die NIAG und eine HGK vorgesehen. Dabei wurden die baulichen Unterschiede bei den Varianten weitgehende beachtet. 

Typenskizze Vosloh

Masse in mm Vorbild 1:32 Modell Abweichung in mm Abweichung in %
Länge über Puffer 15`410 481 481 0 0 %
Spurweite 1`435 45 45 0 0 %
Drehzapfenabstand 7900 246 247 +1 0,4 %
Drehgestellachsstand 2800 87.5 88 +0.5 0 %
Breite 3090 97 95 -2 -2 %
Höhe ab SOK 3800 119 119 0 0 %
Raddurchmesser neu 1250 39 40 +1 +2.5 %
Stromaufnahme bei 18 V Leerfahrt 0.32 A      
Stromaufnahme bei 18 V Volllast 1.61 A      

 Icons für ESU ECoS Command Station

   

  


 

Türen zum öffnen geben den Blick in den akkurat detaillierten Führerstand frei

Antrieb Angetrieben werden die Kiss Am 843/G1700 von zwei Maxon Präzisionsmotoren auf alle vier Achsen. Die Achsen sind im Drehgestell über eine Kardanwelle verbunden diese werden von den Motoren über Zahnriemen angetrieben. Alle Achsen sind kugelgelagert und mit Radstromkontakten ausgerüstet.

Digital Für die Traktionssteuerung ist ein LS5XL Decoder von ESU verantwortlich und steuert auch die diversen Zustände der Dienstbeleuchtung. Das Zusammenspiel zwischen den Motoren und dem Decoder ist perfekt konfiguriert, so dass feinfühliges Regeln mit maximaler Leistung für anspruchsvolle Rangieraufgaben zur Verfügung stehen.  Der Serienmässig eingebaute Energiepuffer auf dem LS5XL überbrückt bis zu 4 sec lang, effizient stromlose Abschnitte und garantiert, auch bei weniger kontaktsicheren Anlagen und auf ausgedehnten Weichenstrassen, einwandfreie Fahreigenschaften. Der hohe Gesamtstrom des Decoders von bis zu 5 A erlaubt das verschieben auch von langen und schweren Zügen.

Das authentische Soundfile wurde von ESU extra, mit eigens in der Schweiz aufgenommene Sounds, nach den Vorgaben von Kiss konfiguriert. Da beim Vorbild die Lok über eine hochwirksame Dynamische Bremse verfügt, die ein verschleissloses Bremsen bis fast in den Stillstand erlaubt, wurde auf das Geräusch des Bremsenquieschen verzichtet. Kiss weisst ausdrücklich darauf hin, dass das Vorbild kaum mehr sichtbare Abgase produziert, das Modell aber trotzdem über einen Rauchgenerator verfügt, der beim Anlassen des Dieselmotors und beiM Anfahren des Zuges eine ordentliche Rauchwolke erzeugt. Dies wurde beim Modell als Gadget umgesetzt. und macht am Modell Spass.  

Bei der Konfiguration der Beleuchtung ging Kiss wieder einmal einen neune Weg. Im Rangierdienst zeigt das Singalbild, an der Maschine,  vorne und hinten - unten zwei weisse Lichter. Die Vorwärtsrichtung wird mit einem beleuchteten V in der Mitte gekennzeichnet. Da "Vorne" immer gleich bleibt, wechselt nicht bei jedem Fahrrichtungswechsel das Singalbild. Durch drücken der Funktion Rangierbeleuchtung, wird die Singalisierung 2+2 (mit vorne V) signalisiert ohne jeweils bei Fahrrichtungswechsel die Seite zu wechseln. 

Langer Vorbau mit Drehgestell - das Modell besteht aus über 2500 Einzelteilen aus Messing und Stahl

Detaillierung Die Kiss MaK (sprich M A K) bietet äußerlich viel fürs Auge. Kiss hat an den modernen Diesellokomotiven fast jedes noch so feine Detail nachgebildet. Die Führerstandstüren sind funktionsfähig und gewähren einen Blick in den fein detaillierten Führerstand. Sogar die Sonnenrollos mit feinsten Führungsstangen wurden realisiert. Von den auffälligen Radscheibenbremsen über unzählige Druckluft-, Elektro- und Ölleitungen zu den markanten Federn wurde alles realisiert. Auf funktionierenden Türen an den Vorbauten wurden bewusst verzichtet. 


 

Kiss Spur 1 Am 843

Die modernen Lampen sind mit Hallogenleuchten ausgestattet, diese erzeugen ein helles Licht was auf der Strecke für den Lokführer sehr angenehm ist. Im Rangierdienst blenden die hellen Lampen aber stark und nehmen dem Kuppler die Sicht, daher werde, wenn die Lok im Rangierdienst eingesetz wirdt, die Lampe mit milchigen Plastikscheiben gedeckt. Diese werden von Hand in die Halterungen vor der Lampe geschoben - kiss hat dem Modell solche Milchglasscheiben beigelegt. 

Fazit Die Kiss Am 843 in Spur 1 verdeutlicht wieder einmal mehr auf eindrückliche Art und Weise, was perfektes Preis Leistungsverhältnis heisst. Modernste Digitaltechnik steuern Pärzisionsmotern für ein unvergessliches Rangiererlebnis. Ein Sound der nur noch vom Original übertroffen werden kann - und last but not least eine Abgaswolke die nur das Modell erzeugt aber einfach toll aussieht. Wer auf seiner Anlage auch noch die Luftreinhalteverordnung einhalten will oder muss kann den Rauchgenerator auch abschalten. 

 Kiss Vosloh G 1700 in der Variante der Mittel Weser Bahn MWB

 

 

 

 

 

 

 

 

KISS Spur 1 SBB Ae 3/6 I 

 Foto Galerie

Die drei Varianten der Ae 3/6 I  von Kiss Modellbahnen im Massstab 1:32

Vorbild Die SBB Ae 3/6I waren Einrahmen-Universallokomotiven mit Einzelachsantrieb System Buchli für Wechselstrom von 15'000 Volt 1623 Hertz. Sie wurde in den Jahren 1920 bis 1929 für die damals neu elektrifizierten Bahnstrecken der SBB im Flachland in mehreren Baulosen bestellt und in Betrieb genommen. Die Maschinen präsentierten sich Anfangs in brauner Farbgebung, später erhielten sie das Einheitsgrün der SBB. Ein verhältnismässig grosser Teil der insgesamt 114 abgelieferten Maschinen wurde noch bis Mitte der 1990er Jahre, nach dem Start der Zürcher S-Bahn für Post- und Eilgüterzüge eingesetzt. Sie waren mit einer Dienstzeit von fast 80 Jahren, eine der langlebigsten Lokomotivserien der SBB und erreichte sehr hohe Laufleistungen. Die drei Farhmotoren leisteten zusammen 2120 PS, die Höchstgeschwindigkeit betrug 110 km/h. Die reichte aus, schnelle Reisezüge im Flachland zu befördern. 

Die Maschinen verfügten über eine direkt wirkende Lobpreise und eine automatische, indirekt wirkende, einlösige Bremse. Eine Druckabsenkung in der Hauptleitung von min 0.4 bar bis max 1.5 bar bewirkt eine Bremsung der Lok und der Anhängelast. Jedes erhöhen des Hauptleitungsdruck löst die Bremsen wieder. Die einlösige Bremse der Lok, löst dabei voll aus. Es war also nich möglich, die Lok nur teilweise zu lösen. Für eine neue Bremsung musste wieder aus 5 bar HL Druck gebremst werden. Nicht ganz unerheblich, da es bei einer falschen Bremsventielbedienung zum "erschöpfen" der Bremse. kommen kann und dann keine Bremswirkung mehr erzielt werden könnte.

Die Traktion wird je nach Hersteller (BBC, MFO, Sécheron) mit Stufenschalter oder Stufenhüpfer geregelt. Über ein Stufenhandrad kann die Spannung an den Fahrmotoren reguliert werden. Das Stufenhandrad war auf der Lok (im Gegensatz zur grösseren Schwester Ae 4/7) jeweils nur einmal vorhanden und musste beim führerstandwechseln vom Lokführer, zusammen mit dem Stromabnehmerhahnen, immer mitgenommen werden. Dies ergab für die Lokführer oftmals einen ungewollten Zusatzgang durch den Maschinenraum, weil sie von der Ae 4/7 gewohnt, das Handrad vergessen haben. Gerade kurz vor Feierabend nicht immer ideal.

 

KISS Spur 1 SBB Ae 3/6 10664 vom Depot Meilen, gut zu erkennen das Rad der Rangierbremse (direkt wirkende Lokbremse) Bauart Westinghouse

Modell Kiss Modellbahnen produzierte im Jahre 2019 eine, wie immer,  limitierte Serie dieses interessanten Vorbildes in drei Varianten im Massstab 1:32 für die Spur 1. Für die Modellumsetzung wurden die beiden SBB Historic Maschinen 10700 vom Depot Bern in braun und die 10664 vom Depot Meilen in grün gewählt, als "Betriebsvariante" wurde die 10643 vom Depot Rorschach auch in grün realisiert, wie sie bis 1990 noch vornehmlich in der Ostschweiz im Einsatz stand. Ein Modell also, dass auch mit einem modernen S-Bahnzug noch auf der Anlage epochengerecht eingesetzt werden könnte. 

Typenskizze SBB Ae 3/6 I

Masse in mm Vorbild 1:32 Modell Abweichung in mm Abweichung in %
Länge über Puffer 15`410 481 481 0 0 %
Spurweite 1`435 45 45 0 0 %
Drehzapfenabstand 7900 246 247 +1 0,4 %
Drehgestellachsstand 2800 87.5 88 +0.5 0 %
Breite 3090 97 95 -2 -2 %
Höhe ab SOK 3800 119 119 0 0 %
Raddurchmesser neu 1250 39 40 +1 +2.5 %
Stromaufnahme bei 18 V Leerfahrt 0.32 A      
Stromaufnahme bei 18 V Volllast 1.61 A      

 Icons für ESU ECoS Command Station

 


 

Antrieb Alle drei Triebwachsen sind angetrieben. Diese sind über eine gemeinsame Kardanwelle verbunden und werden über zwei Bühermotoren mit je 2 Ncm Drehmoment bei 3000 U/min und einem Nennstrom von 0,9 A angetrieben. Alle Achsen sind kugelgelagert und mit Radstromkontakten ausgerüstet.

Digital Für die Traktionssteuerung ist ein LS5XL Decoder von ESU verantwortlich der auch die beiden Panto,s einzeln über die serienmässig eingebauten Servos steuert und für die diversen Zustände der Dienstbeleuchtung verantwortlich ist. Das Zusammenspiel zwischen den Motoren und dem Decoder ist gut konfiguriert, so dass feinfühliges Regeln mit maximaler Leistung dem Modellbahner zur Verfügung steht. Serienmässig eingebaute Goldcap Energiepuffer auf dem LS5XL überbrücken bis zu 4 sec lang, effizient stromlose Abschnitte und garantieren, auch bei weniger kontaktsicheren Anlagen oder auf ausgedehnten Weichenstrassen, einwandfreie Fahreigenschaften. Der hohe Gesamtstrom des Decoders von bis zu 5 A erlaubt das führen auch von langen und schweren Zügen.

Der authentischen Soundfiles, sind so konfiguriert, dass die Fahrt mit der Kiss Ae 3/6 auch für die Ohren zu einem Erlebnis wird. Da das Vorbild zu einer Zeit im Einsatz stand, wo automatische Stationsansagen auf Bahnhöfen noch keine Selbstverständlichkeit waren, wurde auf Bahnhofsansagen gänzlich verzichtet, dafür kündigen der Klang des originalen Bahnhofs Läutewerk von St. Gallen eine Zuganfahrt an. 

Detaillierung Auch wenn die drei Maschinen auf den ersten Blick identisch aussehen und sich nur durch die Farbgebung unterscheiden, mussten einige Details, die bei jeder Version unterschiedlich waren, berücksichtig und umgesetzt werden. Diese Pflicht hat Kiss mit Bestnote erfüllt. Ab Werk werden die Ae 3/6 Modelle mit originalgetreuen und voll funktionierenden Schraubenkupplungen ausgeliefert. Es besteht die Möglichkeit, diese durch eine Märklin Standard Spur 1 Klauenkupplung zu tauschen. Damit ist auch ein problemloser Einsatz auf Anlagen mit enger Gleisgeometrie möglich. Der befahrbare Mindestradius wird mit 1020mm garantiert. Die Puffer sind gefedert. Die Beschriftung ist vollständig und sehr sauber ausgeführt. Sogar kaum sichtbare Anschriften im Führerstand wurden realisiert. Jedes Variante trägt dem Vorbild entsprechend das richtige Revisionsdatum. 

Die Kiss Ae 3/6 weisst eine Menge Details auf, die einem erst beim zweiten Blick auffallen. Dazu gehören schon fast selbstverständlich auch die feinen Drähte der elektrischen Scheibenheizung in den Frontfenstern. Das Handrad für die Stufen, es gibt nur eins auf der Lok (siehe oben), wurde im Führerstand I realisiert. Im Führstand II befindet sich wie beim Vorbild kein Stufenrad.


 

Kiss Spur 1 SBB Ae 3/6 I 10700 in braun vom Depot Bern.  

Der einsehbare Maschinenraum konnte nur andeutungsweise realisiert werden, da ein Grossteil vom Platz, von den Motoren und der Elektronik beansprucht werden. So wurde der Maschinenraum als eine Art Relief gestaltet. Eine separat schaltbare Innenbeleuchtung lässt die "Illusion" aber in einem guten Licht erscheinen. Optisch ist dem Modell daraus kein Nachteil entstanden. 

Fazit Die Kiss Ae 3/6 in Spur 1 verdeutlicht wieder einmal mehr auf eindrückliche Art und Weise, was perfektes Preis Leistungsverhältnis heisst. Funktionsfähige Stromabnehmer in dieser Liga sind auch Heute noch lange nicht bei jedem Hersteller eine Selbstverständlichkeit. Auf einen funktionierenden Buchliantrieb wurde verzichtet und dass die Serviceklappen nicht zum öffnen sind ist verzeihbar. 

 

Foto Galerie

 

KISS Spur 1 DB VT 11.5 

 

Kiss Modellbahnen VT11.5 im Massstab 1:32 auf einem Diorama unterwegs im Inntal 

Vorbild Die Baureihe VT 11.5 oder TEE genannt, war ein Diesel-Triebzug der Deutschen Bundesbahn. Er war eine epochale Entwicklung auf dem Gebiet des deutschen Schienenfahrzeugbaus der 50er Jahre und der Paradezug der Deutschen Bundesbahn schlechthin. Er wurde für den internationalen TEE-Verkehr mit einem erhöhten Reisekomfort in Deutschland entwickelt. Insgesamt wurden 19 Maschinenwagen, 23 Abteilwagen, 8 Großraumwagen, 8 Speisewagen und 9 Küchenwagen gebaut und im Jahre 1957 geliefert. Damit konnten acht 130 m lange, siebenteilige Dieseltriebzüge mit 122 Sitzplätzen und einem Gewicht von total von 230 Tonnen gebildet werden. Diese Züge bestanden aus je einem Maschinenwagen an den Zugenden, zwei Abteilwagen, einem Großraumwagen, einem Speisewagen mit Bar und Fahrgastraum, sowie dem Küchenwagen mit Speiseraum. Angetrieben wurde der Zug durch je einen 1100 PS starken, schnelllaufenden Dieselmotor von MAN im Endwagen, über Getriebe mit hydraulischer Kraftübertragung. Wahlweise waren Getriebe von Voith oder von Maybach eingebaut, die für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h ausgelegt waren. Angetrieben wurde das Drehgestell unter dem Motor. In jedem Triebkopf war zusätzlich ein Hilfsdieselmotor mit 232 PS installiert der über Generatoren gekuppelt, den Strom für die Klimaanlagen der Wagen lieferten. Beide Triebköpfe arbeiteten parallel. Durch eine elektrische Vielfachsteuerung konnten bis zu zwei weitere Triebzüge gefahren werden. Die Steuerung war sogar mit der der Baureihe VT 08 kompatibel. Die Bremsanlage umfasste eine Druckluft-Scheibenbremsen mit Magnetschienenbremsen. Der Zug richtete sich vor allem an Geschäftsreisende und beherbergte unter anderem auch ein Übersetzungsbüro mit Sekretärinnen und einen Schreibservice der einem nach Bedarf Schreibarbeiten während der Fahrt erledigte. Das Intercitysystem wurde ab 1971 mit Zügen, auschlisselich mit 1. Klasse Fahrzeugen, die im Zwei-Stunden-Takt verkehrten eingerichtet. Dafür konnte die zulässige Höchstgeschwindigkeit der siebenteiligen VT 11.5 Einheiten auf 160 km/h erhöht werden.

1979 mit der Einführung des neuen Intercitysystems mit Lokbespannten Zügen und Wagen 1. und 2. Klasse, endete die Ära der VT11.5. Sein zeitloses, extravagantes Design sowie die überragende Technik mit dem fast unerreichbaren Reisekomfort machten ihn bis heute zu einer Legende deutscher Schienenfahrzeuge und bleibt unvergesslich. 

Im Jahre 2000 war man bei der DB der Meinung, einen Zug wieder betriebsfähig machen zu können. Man wollte den Zug, so wie er um 1957 im Dienst stand, wieder herstellen. Alles sollte werden wie es einmal war - nur besser. Über zwei Jahre wurde in den Werken Opladen und Kassel an zwei Triebköpfen und fünf Zwischenwagen gearbeitet. Aus drei Barwagen hätte ein restaurierter Bar-Wagen werden sollen.  Doch vieles was einfach schien, wurde schwierig und die Kosten stiegen ins unermessliche. Es stand ein Budget von 1 Mio € zu Verfügung. Der Umbau sollte einige Monate dauern, dauerte dann aber über Jahre. Völlig unterschätz wurden auch die "Anforderungen", die an einen Zug des neuen Jahrtausends gestellt wurden und unter der äusseren, noch optisch intakten Hülle der Fahrzeuge, waren die unsichtbaren Schäden grösser als erwartet. Die Kosten stiegen auf über 3 Mio €. Aktuell ist der Zug immer noch im Rohbau, lediglich ein Triebkopf und zwei Wagen sind fertiggestellt, da die Kosten aber mittlerweile auf über 5 Mio angestiegen sind, hat die DB die Notbremse gezogen und das Projekt gestoppt. Nun stehen Teile des Zuges im DB Museum und noch ist nicht klar, wie es weiter gehen soll.

 

Die Kopfform, ein charaktergebendes Stilelement, muss für eine gelungene Modellumsetzung perfekt wiedergegeben werden

Modell Auch der Modellbahnindustrie ist das grosse Interesse an diesen besonderen Zug nicht entgangen und einige Firmen haben sich dem Projekt angenommen und Modelle für die Spuren N, H0 oder auch in Spur 1 produziert. Die Firma Kiss Modellbahnen Viernheim produzierte anfangs der 90er Jahre, eine Kleinserie von gerade mal 20 siebenteiligen Züge für die Spur 1. Die Züge waren vollständig aus Metall gefertigt und mit einer authentischen Inneneinrichtung versehen. Damals noch üblich, analog aber beide Endwagen angetrieben und mit Beleuchtung. Das Modell setze bereits damals, im Vergleich mit Modellen anderer Hersteller, Massstäbe in der Königsspur. So waren die Inneneinrichtung bereits sehr fein detailliert.  Angetrieben sind beide Endwagen und die Zwischenwagen sind kurzgekuppelt und zusammen mit den geschlossenen Wagenübergänge aus authentischem Material, verleihen sie dem Zug das Typische aussehen. Auch der Preis bewegete sich in einer aristokratischen Dimension, so waren für den Zug doch an die 20`000 DM fällig. Heute sind immer noch Preise im Bereich um 11`000 € fällig, wenn überhaupt jemals ein Zug seinen Besitzer wechseln sollte.

Masse in mm Vorbild 1:32 Modell Abweichung in mm Abweichung in %
Länge über Puffer 130720 4085 4090 5 0 %
Spurweite 1`435 45 45 0 0 %
Breite 3012 94 95 +1 +2 %
Triebdrehgestell Achstand 3400  106  105  +1  
Laufdrehgestell Achstand 2300 71 72 +1  
Raddurchmesser neu 950 29 30 +1  

 

 Eine zeitlose Schönheit der VT 11.5 in Spur 1 von Kiss 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die SBB Re 4/4 II 11181 oder die Lok von Daniel Bourret

 

SBB Re 4/4 II 11181 in Bourret Livree in Rorschach 23.02.1984 (Foto W. Elmer)

VORBILD Das Jahr 1983 ging bei den SBB nicht gerade als ein Jahr der grossen Veränderungen in die Geschichte ein. Alles war ordentlich, einheitlich und wie es sich für einen vorzeige Staatsbetrieb eben gehört - grün. Es gab durchaus kleine Abweichungen vom grünen Einheitsbrei an den Fahrzeugen der Schweizer Staatsbahn, zum Beispiel die roten Pfeile vom Typ RAe 2/4 waren, wie ihr Name bereits erahnen lässt, rot und eben nicht grün. Auch die Re 4/4 Lokomotiven, die extra für die TEE Luxuszüge die zweifarbige Lackierung creme/bordaux erhielten, waren kein Anzeichen dafür, dass es bei den SBB zu einer Abkehr vom grünen Farbkleid kommen sollte. In keinster Art und Weise und ganz und gar nicht, würde aber eine Lok in blau, weiss, gelb, hellgrün und schwarz ins Farbschema der biederen Staatsbahnen passen. Also was ist geschehen, dass am 7. Juli 1983 im Zürcher Hauptbahnhof, auf Gleis 5, eine moderne Re 4/4 II Lokomotive, in eben genau diesen Farben ihr Rollout feiern durfte? Nun dafür muss man das Rad der Zeit etwas zurück drehen und die Location wechseln.

Wir wechseln nach Wettingen an die Limmat, im Kanton Aargau, in die "Alte Post", eine Kneipe in der Nähe von Baden. Dort sassen Daniel Bourret mit seinen Kollegen beim Bier, als Daniel Bourret danach war, eine völlig hirnrissige Wette einzugehen. Wer ist Daniel Bourret? Daniel Bourret war ein Künstler, der 1956 im Kanton Aargau in der Schweiz geboren wurde und sich, bedingt durch sein Vater, sehr rasch International bewegte unter anderem auch in Tokio. Später, dann wieder in der Schweiz, das Literatur Gymnasium in Zürich besuchte, dieses zwar nicht abschloss, sondern an die Kunstgewerbeschule wechselte und eine Lehre als Fotograf absolvierte. Nach seiner eigenen Einschätzung war er eher Musisch gebildet, trotzdem entschloss er sich, dem zweiten Bildungsweg noch die Wirtschaftsmatura zu absolvieren. Auf ein Studium verzichtete er jedoch, liess sich dafür in Florida auf eigene Kosten, zum Piloten ausbilden.

Danach war 2 1/2 Jahre als Werbeberater tätig, gründete er seine eigene Firma, eine Firma die kleine Feldspitäler in Container für Länder mit geringer Spitaldichte fertigte. In dieser Vita ist aber kaum ersichtlich, dass er während der Ausbildung zum Fotografen, lieber gezeichnet als fotografiert hatte. Seine künstlerische Ader hat er aber mehr als Hobby als Beruf ausgeübt und vor allem dann, wenn wieder einmal ende Geld, aber immer noch Monat war. Aus dieser künstlerischen Phase entstanden auch die grafische Gestaltung der Eingangsbereiche zum Gemeindehaus von Lupfig bei Brugg. Ein ganz anderes Werk von Bourret war, die Gestalltung eines Flugzeugs vom Typ Caravelle im Jahre 1978. Die Maschine stammt aus dem Bestand der Air France, die die Fluggesellschaft, zusammen mit 24 weiteren Maschinen ausmustern wollte und dafür Abnehmer suchte. DB entwarf kurzerhand auf einem Kuststoffmodell einen Vorschlag wie er eine dieser Maschinen als Denkmal der Nachwelt erhalten möchte. Die Airfrance konnte sich zwar nicht für die Idee als solchers begeistern, machte aber DB das Angebot, eine Maschine für den symbolischen Betrag von 1 Franc zu übernehmen, wenn er selber für die Überführung in die Schweiz aufkommen würde. Die Weiterfewendung der Maschine als Flugzeug wurde ihm untersagt. Die Überfürhungskosten beliefen sich auf knapp 30.000 CHF, was etwas viel war, durch eine Zufall erfuhr aber DB, dass das Amt für Luftverkehr des Kanton Zürich und der Flughafen Zürich für die eigene Feuerwehr, an einem Übungsobjekt zur Antiterrrorbekämpfung und für Notfallübungen interessiert war. Bourret konnte sich mit den zuständigen Stellen einigen. Es wurde vereinbart, dass die zukünftigen Besitzers die Kosten für die Überführung übernehmen und im Gegenzug, das Flugzeug erhalten.  Vor dem Einsatz als Übungsobjekt, sollte die Maschine nach den Vorstellungen des Künstler Bourret gestaltet werden. Das Ergebnis befriedigte den Kühnster dann zwar nicht ganz, die Maschine wurde später, bei einer Grossübung durch einen Vollbrand, aber ohnehin zerstört.


SBB Re 4/4 II 11181 mit einem Schnellzug Chur - St. Gallen in  Rorschach (Foto W. Elmer)

Anlässlich dieses Feierabendbiers in der "Alten Post" kam Daniel Bourret die Idee, eine dieser "traurig grünen" SBB Lokomotiven zu neuem Glanz zu verhelfen. Er wollte die SBB überzeugen, ihm eine Lokomotive für seine künstlerischen Ideen zu überlassen. Seine Kollegen meinten, dass sei unmöglich! Bourret schloss darauf eine Wette über zwei Harasse Bier ab, dass er seine Idee in die Tat umsetzen werde. Umgehend kontaktierte Bourret die SBB Generaldirektion und erklärte sein Vorhaben er legte auch Bilder seiner Caravelle bei. Die Antwort aus dem Hause SBB liess auf sich warten und als sich dann jemand von den SBB meldetet, war es der Chef der Abteilung Hochbau, heute wohl Liegenschaftenverwaltung. Sein Vorschlag war, dass er sich für diese Idee, bei der richtigen Stelle einsetzen wolle. Der Erfolg war dann bescheiden, die SBB wollte Bourret für sein Vorhaben lediglich einen Güterwagen zur Verfügung stellen. Was für DB keine Option war. Ein zweiter Versuch, ein paar Monate später, der damalige  Generaldirektor war Hans Eisenring, der vor seinem Mandat bei den SBB, Direktor bei der Flug- und Fahrzeugfabrik Altenrhein FFA war und auch die Caravelle von Bourret kannte, war bereit, Bourret eine Re 4/4 II zur Verfügung zu stellen. Dass es sich dabei um die Re 4/4 II 11181 handelte war reiner Zufall, wohl war derer Frist bald abgelaufen und in einer R0 hätte sie komplett saniert, mit den neuen eckigen Schweinferfer ausgerüstet werden und in der neuen roten Lackierung wieder auf die Schienen gestellt werden sollen.

So konnte also mit dem Werk begonnen werden und die SBB stellte Daniel Bourret sogar Personal zur Unterstützung zur Verfügung. In der Grundreinigungsanlage im Vorbahnhof des Zürcher Hauptbahnhof, vis-à-vis der Hauptwerkstätte wurde die Lok vorbereitet. Fenster und Anschriften wurden abgedeckt und die SBB stellte sogar eine Spritzanalge zur Verfügung. Die Lok wurde vom alten Anstrich gar nicht befreit, sondern es wurde gleich über das alte "SBB grün" neu Grundiert. Als Bourret mit dem künstlerischen Teil beginnen wollte, besann man sich bei den SBB nochmals und bemerkte, dass gar niemand wusste, was dieser Bourret überhaupt im Schilde führte. Es wurden umgehende Skizzen und Entwürfe vom Künstler verlangt. Daniel Bourret brach seine Arbeit wieder ab und liess die Lok, im grundierten Zustand, einfach stehen. Ein klärendes Gespräch und das Versprechen, dass auf der fertigen Lok keine anstössigen Bilder oder religiöse Zeichen zu sehen sein würden, sondern etwas Abstraktes und buntes, liess man Bourret unter strenger Aufsicht gewähren. Ein Beamter habe täglich in der Nachtpause, mit Schreibstift und Block bewaffnet, Notizen über den Stand der Arbeiten gemacht und diese umgehend zur Kreisdirektion rapportiert. 

Am 23.02.1984 trifft die SBB 11181 die ÖBB 1044.75 - eine ganz seltene Begegnung eingefangen von W. Elmer

Für die "groben" Arbeiten wurde mit der Grossspritzpistole gearbeitet, für kleine und feine Details mit Spraydose, Schablonen und Abdeckfolie. Peinlich genau wurde darauf geachtet, dass keine Chromstahl Ziffern und Zahlen übermalt wurden. Die Dienstanschriften wurden nachträglich vom SBB Personal der Hauptwerkstätte Zürich wieder angebracht. Die Farben und alle Hilfsmittel finanzierte Bourret aus der eigenen Tasche. Die Lackierung erfolgte nicht nach einer Vorlage sondern intuitiv. War ein Strich oder ein Zeichen erst einmal auf der Lok, blieb das auch so. Es gab keine nachträglichen Korrekturen. Die Lok wurde am 7. Juli 1983 dem Publikum als "rollende Leinwand" präsentiert und blieb bis im Dezember 1984 in Betrieb. Länger als ursprünglich geplant. Unterschiedlich waren die Reaktionen auf die Lok, glaubten doch einige an einen Aprilscherz, eines war der Lok aber sicher. Sie war wohl die meistbeachtete Re 4/4 aller Zeiten. Im Volksmund wurde sie als "Picassolok", "Poplok" oder einfach  Bourret (Burree) Re 4/4 bezeichnet. 


Kiss SBB Re 4/4 II 11181 in Spur 1

MODELL Die Lok war aber nicht nur beim Vorbild eine exotische Erscheinung. In fast alle Spuren, von N-1 wurde die Lok angeboten. Meistens als "Special Edition" zum Teil sogar limitiert, also nicht einfach nur einmal aufgelegt, sondern auch noch nur in einer bestimmten Stückzahl. Eine der schönsten Umsetzungen ins Modell erschien 1991 von HAG auf Basis der Re 4/4 II Newserie, mit dem neuen Lokkasten in H0. Die acht Grundfarben von Hand gespritzt und die Ornamente in mehreren Durchgängen mit Tampondruck realisiert. Um einiges günstiger waren die Modelle von Jouef, die wie später die ROCO Re 4/4 II in Digitaldruck erschienen. Auch für die Spur N Bahner war ein Modell von Arnold erhältlich. In den grossen Spuren 0 und 1 realiesierte LEMACO die Bourret Re 4/4 und erst kürzlich lieferte Kiss in der 2. Serie Re 4/4 II in der Königsspur, die Bourret in einer limitierte Serie von 25 Stück aus. 

Die "blaue" Seite der Kiss SBB Re 4/4 II 11181 in Spur 1

Alle Modelle haben eines gemeinsam, kein Modell entspricht bis ins letzte Detail genau dem Vorbild. Der Grund dafür ist lapidar. Es gab keine Aufzeichnungen vom Urheber! Jeder Hersteller musste seine eigenen Unterlagen für die Lackierdateien selber neu anfertigen. Nicht einmal von LEMACO waren Lackierdateien in elektronischer Form (pdf) vorhanden. Die meisten Hersteller liessen sich vom HAG HO Modell im Massstab 1:87 inspirieren, weil dieses Modellumsetzungen am authentischen erschien. Jedoch musste auch HAG damals, die Unterlagen für ihr Modell, akribisch aus den vorhandenen Fotos erarbeiten das Vorbild war seit mehreren Jahren schon in rot unterwegs. Ein nicht ganz unerhebliches unterfangen, sind es doch weit mehr als einhundert verschiedene Einzelsymbole und Formen, die nachgezeichnet und gemäss Augenmass, möglichst richtigen Ort auf dem Modell, platziert werden mussten. 

Somit war der Chalange für die Hersteller eigentlich nicht, die genaue Nachbildung zu bekommen, sonder die MÖGLICHST genau Nachbildung. Wer also darauf besteht, nur Modelle absolut nach Vorbild zu besitzen, würde an einer Bourret Re 4/4 keine grosse Freude haben, da alle Modelle immer nur eine ungefähre Nachbildung sind. Interessant war, dass sich die Kunden ihre Lok meistens mit silbernem Dach wünschten. Etwas dass es beim Vorbild gar nie gegeben hat. Offenbar ist man der Meinung, dass eine "Bourret" nur mit silbernem Dach genügend "Besonders" sei, als mit einem grauen Dach, das eigentlich dem Vorbild entsprechen würde. 

Kiss SBB Re 4/4 II 11181 in Spur 1 mit einem KMS EW IV als IC 507 Genf - Romanshorn auf dem Diorama beim Schloss Grandson VD