Modell der BRAWA RhB G 4/5 Dampflokomotive 108 auf der Drehscheibe von Sumvitg-Cumpadials (Fotomontage)
Was für ein Schock muss es an der Nürnberger Messe 2005 für den Marktleader der Spur G gewesen sein, als ein renommiertes Unternehmen, dass bislang vor allem in H0 Bereich tätig war, einen kompletten Zug der Rhätischen Bahn als Modell in Spur G auf die Schienen stellte. Das Familienunternehmen von Arthur Braun BRAWA lancierte mit einem Knalleffekt ihre ersten Modelle in Spur G. Die Moguldampflokomotive G 4/5 108. War das Modell der beliebten RhB Dampflok bis lang nur als Kleinserien Modell von KISS und Magnus in dieser Spur auf dem Markt erhältlich und bei beiden Herstellern nur die Lok, konnte nun zu einem moderaten Preis der ganze Zug auf der heimischen Anlage eingesetzt werden. BRAWA versprach immerhin die Lok und vier Wagen zu einem Preis anzubieten, der bei den Kleinserien-Herstellern gerade knapp für die Lokomotive reichte.
Wurden im Februar an der Messe noch Handmuster gezeigt, begann die Auslieferung der Modelle bereits im November 2005. Fotos und Zeichnungen der Modelle im Internet und in Fachzeitschriften liessen die Erwartungen auf die Modelle fast unermesslich hoch steigen. Die angekündigten Modelle glänzten nicht nur durch ihre Detaillierung, sondern auch durch eine bisher nur im kleinserien Segment übliche Ausstattung wie gefederten Puffern, zuverlässige Stromabnahme für die serienmässige Innenbeleuchtung der Wagen und Achsen, mit Speichenrädern ausgestattet mit Edelstahlradreifen.
Mit gerade zu „Üppig“ konnte die Ausstattung der Lokomotive bezeichnet werden. Sound, lodernde Feuerbüchse und verschiedene Varianten der Dienstbeleuchtung um nur einige zu nennen. Dass die Lok mit einem Dampfgenerator ausgerüstet ist, müsste nicht extra erwähnt werden, dass ist schon fast selbstverständlich. Dass es der Dampfgenerator aber in sich hat, indem ein Ventilator den produzierten Rauch im Takt mit den Achsumdrehungen ausstösst ist dann doch erwähnenswert. Nur Nebenbei bemerkt ist nicht nur ein Dampfgenerator eingebaut, es sind deren zwei. Die Vakuumpupe des Vorbilds wird auch mit Dampfbetrieben, so dass dem Modell auch zwei Dampfgeneratoren eigebaut wurden. Alle Modelle wurden exakt im Massstab 1:22,5 gebaut. Und sind auf jeder 2m Anlage auch auf den R1 Radien mit 60cm einsetzbar.
Geliefert werden die Fahrzeuge in einer Styroporverpackung, die die filigranen Modelle sicher vor Transportschäden schützt. Schon das Auspacken und auf die Schienen stellen der Wagen und der Lok lässt einem in frühere Zeiten zurückreisen. Die erste Fahrt mit dem Zug, die Lok hat ab Werk einen eingebauten Digital Decoder, bestätigt die Annahme, dass ein neues Zeitalter in der Kunststofftechnik begonnen hat.
Modelle Das Modell ist in einer mischbauweise aus Kunststoff und Metall gefertigt. Der Lokrahmen ist aus Zinkdruckguss hergestellt und bildet ein stabiles Chassis. Die Aufbauten wie Kessel, Führerhaus, Tender und viele Details sind aus Kunststoff. Das Antriebsgestänge aus Metallgussprofilen. Überaus detailreich wurde die Lokomotive ausgestattet. Leitungen, Ventile, Bremsapparate, Führerstandsarmaturen oder auch die Loklaternen lassen einem nur Erahnen, dass die Formenbauer keinen Aufwand gescheut haben.
Dieser Detailreichtum verleiht den Modellen die absolute Vorbildgetreue, die man sich in dieser Spur schon lange gewünscht hatte. Auch mechanisch vermag die Lok die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. Auf der Anlage durchfährt sie wie vom Hersteller versprochen auch die engen Radien von 60 cm. Damit die Vierkuppler Lok dieses Kunststück bewältigen kann, mussten die Techniker tief in die Trickkiste greifen. Im Inneren des Kessels befindet sich der Motor mit Schwungmasse. Er überträgt seine Kraft über ein Getriebe und einen Zahnriemen auf die starr gelagerte, letzte Kuppelachse.
Von dort wird die Kraft über eine Kardanwelle, die im Rahmen verborgen ist, auf die erste Kuppelachse übertragen. Die Achsen in der Mitte sind seitenverschiebbar gelagert und werden über das Gestänge angetrieben. Dadurch ist die Lok in der Lage ohne Knickrahmen enge Radien zubefahren.
Feinste Beschriftungen mit erhabenen und gedruckten Buchstaben |
Hoch detailliertes Fahrwerk mit Edelstahlrädern, Gestänge, Leitungen und Schmierbüchsen |
Die Loklaternen sind aus mehreren Einzelteilen in präzisions Kunststoff- bauweise gefertigt |
Luftschläuche und gefederte Puffer verleihen der mächtigen Dampflok ihr vorbildgetreues Aussehen |
Zur Lok liefert BRAWA auch gleich die entsprechenden Wagen. Personenwagen in erster und zweiter Klasse sowie ein erst-zweitklass Wagen. Der Typische zweiachsigen Gepäckwagen wurde nicht vergessen und war zusammen mit der Lokmotive auch sofort lieferbar.
Die Wagen weisen in den entsprechenden Wagenklassen die richtige Inneneinrichtung auf. Mit viel Aufwand wurden die unterschiedlichen Einrichtungen realisiert, so dass die Wagen mit entsprechenden Figuren besetzt absolut Vorbildlich aussehen. Wie an der Lokomotive, wurde auch bei den Wagen an nichts gespart und viele Details nachgebildet. Die Übergangsbleche im Bereich der Einstiegsplattformen sind sogar funktionsfähig. Die BRAWA Modellbauer haben sich auch nicht gescheut, unter dem Wagen und daher weniger sichtbar, einen grossen Detailreichtum zu pflegen. So sind etliche Details am Wagenboden nicht einfach weggelassen worden, sondern mit viel Aufwand filigran nachgebildet. Die Wagen sind serienmässig mit einer zuverlässigen Beleuchtung ausgestattet, die ein angenehmes Licht in die Wagen zaubert. Für die sichere Stromabnahme sind die Achsen in Gleitlagern mit integrierter Stromabnahme an den Achsenden montiert. Die Kupplungen sind mit anderen Kupplungssystemen auf dem Markt kompatibel. Um ein sanftes ankuppeln zu ermöglichen, entwickelten die Brawakonstrukteure eine neue Kupplung, die ohne Druckfeder arbeitet und dank einer neuen Kulisse lediglich mit einem Gegengewicht auskommt, die das butterweiche ankuppeln der Fahrzeuge garantiert.
Hoch detaillierter Führerstand mit lodernder Feuerbüchse und vielen nachgebildeten Details |
Auch die Wagen wurden Präzise ins Modell umgesetzt. Eine neue Kupplung, erlaubt ein feinfühliges rangieren, ohne dass die Wagen beim kuppeln weggestossen werden |
Masse und Skizze
Masse in mm | Vorbild | 1:22,5 | Modell | ||
Länge über Puffer | 13970 | 620 | 620 | ||
Gesamtachsstand | 6100 | 271 | 271 | ||
fester Achsstand | 2450 | 109 | 109 | ||
Achsstand Tender | 2475 | 110 | 110 | ||
Breite | 2550 | 113 | 113 | ||
Triebrad ∅ | 1050 | 46 | 46 | ||
Laufrad ∅ | 700 | 31 | 31 | ||
Stromaufnahme bei 20 V | Leerfahrt | 0.39 A | |||
Stromaufnahme bei 20 V | Volllast | 1.51 A |
Probleme Viele Hersteller, die neu in die Spur G einsteigen, unterschätzen die mechanischen Kräfte die beim Einsatz so grosser Fahrzeuge auftreten massiv. Dies haben auch schon andere Produzenten zu spüren bekommen. BRAWA musste nach der Auslieferung das ganze Antriebskonzept der Lokomotiven ändern. Die Abstimmung Motor – Antrieb und Steuerung war völlig unzureichend und konnte nicht mit einer einfachen Softwarelösungen verbessert werden. Ein komplett neuer Antrieb mit einem Maxxon Hochleistungsmotor wurde konzipiert und alle Maschinen wurden nachträglich damit ausgerüstet.
Es gelang BRAWA, zusammen mit Digitoys-Systems AG, innert kürzester Zeit ein neues, überarbeitetes und ausgereiftes Antriebskonzept zu entwickeln und den Kunden anzubieten. Mit einer logistischen Meisterleistung wurden die Loks zurück ins Werk genommen, die Antriebe gewechselt und die umgebauten Maschinen wieder dem Kunden zugestellt.
Dass es sich bei den BRAWA Fahrzeugen um Modelle handelt und nicht um Spielzeug müsste einem schon beim betrachten der detaillierten Fahrzeuge klar werden. Jedoch richtig bewusst wird dies einem erst, wenn beim aufstellen oder versorgen der Modelle Teile des Detailreichtums abbrechen oder zu Bruch gehen.
Die Modelle sind absolut Freilandtauglich. Ob im Sommer oder im Winter spielt dabei keine Rolle. Dies beweise ich mit unzähligen Fahrstunden des Zuges im Sommer, bei trockener Witterung oder im Winter auf der verschneiten Anlage.
Jedoch muss das Handling mit den Modellen geübt sein. Wagen sind relativ einfach zu Handhaben. Wobei es epfehlenswwert ist, die Originalverpackung zu entsorgen, da das ein und auspacken in die Styroporteile nicht gerade einfach geht. Die Lok ist, bedingt durch ihr Gewicht und dem angehängten Tender, noch schwieriger zu transportieren. Jedoch ist das Zinkdruckgusschassis ein guter Angriffspunkt um die Lok sicher zu bewegen. Ich habe mich aber entschieden, die Lok in einem Train-Tower zu transportieren. Dann muss die Lok nicht mehr in die Hand genommen werden.
Die Modelle sind nicht für Kinderhände. Es sind Modelle. Aber durch Sorgfalt und den richtigen Umgang kann der Verschleiss an Kleinteilen fast ganz vermieden werden.
BRAWA Promovideo Brawa liess zur Lancierung des Modells einen Werbefilm produzieren. Der Video entstand auf unseren Anlagen in Zürich und Adliswil. BRAWA stellte alle Fahrzeuge, die Requisiten sind von mir. Der Film sollte das Modell auch auf dem amerikanischen und asiatischen Markt bekannt machen und zum Erfolg verhelfen. Leider war BRAWA mit dem Zug kein Erfolg gegönnt und man stellte die Produktion ein. So wie es aussieht, wird BRAWA in absehbarer Zeit nicht mehr auf dem G Markt präsent sein.
Fazit Die Modelle von BRAWA sind in Punkto Masstäblickeit und Detailreichtum fast nicht mehr zu überbieten. Sie heben sich von der bis dato bekannten "Spielbahn" aus Nürnberg deutlich ab. Dies bedeutet aber auch, dass der Umgang mit diesen Modellen viel Sorgfalt verlangt und manchmal auch ein abgebrochenes Teil wieder ersetzt werden muss.
Nachdem von den Wagen nun schon unzählige Farb- und Beschrifutngsvarianten erschienen sind, wäre es nun an der Zeit, wieder einmal ein neues Modell zu lancieren. Auch ein vierachsiger Personenwagen mit offener Plattform würde sich sicher gut auf der Anlage machen.