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 KISS RhB Ge 6/6 II 705 


Geschichte KISS stellte 1997 auf der Nürnberger Spielwarenmesse ein Modell der RhB Ge 6/6 II vor – die imposante 700er der Rhätischen Bahn. Seit meiner Kindheit übt diese Lokomotive eine ganz besondere Faszination auf mich aus – ähnlich wie für viele das legendäre "Krokodil". Für mich war jedoch stets die Ge 6/6 II das Nonplusultra. Schon damals war es das Grösste für mich, sechsachsige Lokomotiven auf Modellanlagen zu sehen und zu bewundern. Als zuerst  BEMO Ender der 80er Jahre das H0m-Modell dieser Maschine herausbrachte, war für mich sofort klar: Diese Lok muss ich haben. Als dann die 2m-Version von KISS erschien, stellte sich die Frage nicht einmal mehr – sie musste einfach auf meine Anlage.

Aufbau und Detaillierung
Wer ein Modell für die Gartenbahn auf den Markt bringt, darf nicht erwarten, dass es in einer Vitrine verschwindet – auch dann nicht, wenn es sich um ein fein detailliertes Handarbeitsmodell handelt. Entsprechend musste bei der Konstruktion und Umsetzung dieser Lokomotive besonderer Wert auf Robustheit und Stabilität gelegt werden, denn sie wird nicht unter klinischen Bedingungen eingesetzt. Lackierung und Beschriftung sind widerstandsfähig ausgeführt und entsprechen exakt dem Vorbild. Die Lokomotive wurde sowohl in der grünen Ursprungsversion als auch in der modernen roten Ausführung produziert – jeweils mit verschiedenen Wappen und Ortsnamen bedeutender Gemeinden des Kantons Graubünden. Insgesamt wurden nur 75 Exemplare in Zusammenarbeit mit SEMAPHORE gefertigt – alle waren rasch vergriffen.

Bei der Materialwahl setzte KISS konsequent auf Messing und Stahl. Die beiden Hälften des Chassis bestehen aus verwindungssteifen, schweren Stahlblechen, die über ein robustes Gelenk verbunden sind. Die Aufbauten wurden präzise aus Messingblech sowie aus geätzten und gegossenen Messingteilen gefertigt. Die Drehgestelle überzeugen mit Edelstahlspeichenrädern, die Frontscheiben bestehen aus Echtglas mit typischen Chromstahlrahmen. Vorbildgerechte Bremsschläuche und Heizkabel runden das Erscheinungsbild ab – alles Hinweise darauf, dass KISS mit diesem Modell höchste Ansprüche erfüllt. Lange Zeit war die Ge 6/6 II von KISS die erste und einzige Umsetzung dieses Loktyps in Spur 2m – obwohl sie neben dem Krokodil zu den erklärten Favoritinnen vieler Modellbahner zählt. Mittlerweile hat KISS auch eine Version in Kunststoffbauweise ausgeliefert.

Warum diese Lokomotive lange nicht als Großserienmodell erschien, liegt wohl in der Herausforderung der Konstruktion: Der lange, bewegliche Lokkasten erforderte eine ausgeklügelte Technik, um trotz einer imposanten Gesamtlänge von 65 cm auch auf dem engen LGB-Radius R1 betriebstauglich zu sein.

⇑ Reich detaillierte Frontpartie mit authentischen Materialien ⇑ Einzel vollgefederte Edelstahlachsen mit Kugellager verleihen hervorragende  Laufeigenschaften und grosse Zugkraft

Fahreigenschaften  Das Modell hält, was KISS verspricht: Sie ist voll R1-tauglich. Selbst ein wellenartig verlegtes Gleisstück im R1-Bogen meistert die Lokomotive problemlos. Auf grösseren Radien – etwa R3 oder mehr – wirkt ihre Erscheinung allerdings deutlich eleganter und dem Vorbild angemessener.

Angetrieben wird das Modell von zwei kräftigen Bühler-Motoren, die jeweils zwei Achsen pro Enddrehgestell antreiben. Dank ihres hohen Eigengewichts konnte auf zusätzliche Ballastgewichte oder Haftreifen verzichtet werden – und dennoch überzeugt die Lok durch eine beeindruckende Zugkraft.

Bei Testfahrten beförderte sie mühelos eine Anhängelast von 17 Kilogramm auf einer Steigung von 40‰ – ein Wert, der selbst erfahrene Gartenbahner beeindruckt.

Massgenauigkeit Der direkte Vergleich mit dem Original zeigt: KISS ist eine absolut massstabsgetreue Nachbildung gelungen. Die Maßgenauigkeit der Lokomotive ist beeindruckend hoch – bei einer Vermessung des Modells lagen die Abweichungen im Bereich von lediglich 0,3 bis maximal 2 %. Solche minimalen Toleranzen zeugen von einer aussergewöhnlich präzisen Umsetzung, die selbst kritische Modellbahnfreunde überzeugt.

Masstabelle in mm

 

Betriebsanleitung Semaphore/Kiss RhB Ge 6/6 II

 

  Masse in mm     Vorbild     1:22,5   Modell     Abweichung in Prozent
  Länge über Puffer     14500     644   642     - 0.3
  Länge Lokkasten     13400     596   594     - 0.3
  Frontachsstand     1150     51   50     - 2
  Pufferlänge     550     24   24     0
  Dregestelachsstand     2500     111   111     0
  Breite Lokkasten     2650     118   118     0
  Höhe Lokkasten     3300     147   148     + 0.7
  Achsabstand Innen     1800     80   80     0
  Raddurchmesser     1070     47.6   47.4     - 0.4

Fazit Mit diesem überzeugenden Modell hatten KISS und SEMAPHORE die Messlatte für Lokomotiven im Maßstab 1:22,5 deutlich höher gelegt als es bis dahin Standart war. Die hervorragenden Fahreigenschaften, die detailgetreue Umsetzung und die innovative Konstruktion des geteilten Lokkastens übertragen die charakteristischen Merkmale des Vorbilds überzeugend in die Welt der Gartenbahn.

Die Kiss RhB Ge 6/6 II war ein echtes Handarbeitsmodell, das den Beginn eines bis heute ungebrochenen Trends zu immer mehr Perfektion markiert – und ein Glanzstück, das Technikbegeisterte ebenso wie Ästheten begeistert.


Unfall Im Sommer 2009 erlitt die KISS Ge 6/6 II einen schweren Unfall. Durch eine Unachtsamkeit stürzte das Modell aus knapp 1,5 Metern Höhe auf einen harten Steinboden. Das Ergebnis war verheerend: Das Gehäuse wurde stark deformiert, mehrere Lötstellen brachen auf, und das Dach war oberhalb des Führerstandes massiv eingedrückt. Nach ersten Schreckmomenten folgten umfangreiche Abklärungen – gemeinsam mit einem erfahrenen Spezialisten aus der „Hauptwerkstätte“: meinem Vater, Herbert Cadosch. Er kam zum Schluss, dass eine vollständige Instandsetzung technisch machbar sei – und dass die Lokomotive so repariert werden könne, dass der Schaden später nicht mehr erkennbar wäre.

Ein kleines „Glück im Unglück“: Die Lok war auf den Führerstand II gestürzt – genau an der Stelle, wo sich bei gekuppeltem Zustand ohnehin die Verbindung zum nächsten Fahrzeug befindet. Dadurch blieb zumindest die sichtbare Front unversehrt.

Zunächst wurde die Lok vollständig zerlegt: Das Gehäuse vom Chassis getrennt, der Stromabnehmer demontiert, verbliebene Fensterscheiben vorsichtig ausgebaut. Danach begannen die ersten Reparaturarbeiten an kleineren Gehäuseverformungen. Die massiven Schäden am Dach und über der Führerstandstür wurden durch die Firma Digitoys-Systems AG mit eigens angefertigtem Werkzeug und viel Geduld in Handarbeit ausgebeult. Herr Bösch von Digitoys lötete mit einem Widerstandslötgerät die aufgebrochenen Lötstellen präzise wieder zusammen. Im Anschluss wurden sämtliche Unebenheiten mit Spachtelmasse ausgefüllt, sorgfältig verschliffen und für die Neulackierung vorbereitet.

⇑ Schwere Deformationen am Dach und über dem Führerstand ⇑ Nach den aufwändigen Carroseriearbeiten und der Neulackierung
  • Nach den langwierigen Carosseriearbeiten, konnte die Lok gegen Ende des Herbstes wieder zusammengebaut werden. Die Scheiben wurden mit 3 mm Echtglass neu angefertigt. Zum Schluss wurde mit der Spritzpistole alle Farbschäden behoben und die Lok konnte wieder in Betrieb genommen werden. Zum Abschluss der Reparaturarbeiten, bekam die Lok noch einen neuen ZIMO MX690 Sounddecoder mit Däppensound.

 

  • Nach der langen und aufwändigen Reparatur, zeigt sich die KISS Ge 6/6 II 705 wieder vor dem Gebäu der HW Landquart 22.12.2009
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