Schmalspurzüge von STADLER für die Westschweiz
ABe 4/12 der TPF in Châtel-Saint-Denis am 22.10.2018
Die Überalterung der in den 1980er-Jahren gebauten Triebfahrzeuge mehrerer Westschweizer Schmalspurbahnen führte zu einer gemeinsamen Suche nach Ersatzlösungen. Betroffen waren insbesondere die Bahnen MOB, NStCM, MBC, YStC und JB. Die NStCM wollte ursprünglich neue Züge nach dem Vorbild der Be 4/8 der LEB beschaffen. Der Kanton lehnte jedoch die Finanzierung einer Kleinserie ab und forderte eine gemeinsame, kosteneffiziente Bestellung. Daraufhin schlossen sich die Waadtländer Meterspurbahnen MBC, Travys und MOB zusammen mit den Transports publics fribourgeois (TPF)zu einer Sammelbestellung von insgesamt 17 zwei- und dreiteiligen Triebzügen zusammen.
Um den Auftrag bewarben sich Bombardier und Stadler Rail. Den Zuschlag erhielt Stadler, mit einem Auftragsvolumen von 151 Mio. CHF – durch die Bündelung konnten 28 Mio. CHF eingespart werden. Später traten auch die NStCM (vier zweiteilige Züge) und die Chemins de fer du Jura (CJ) (fünf Triebköpfe) bei. Da der CJ nur begrenzte Mittel zur Verfügung standen, beschaffte sie eine „Low-Cost“-Variante: neue Niederflur-Triebköpfe kombiniert mit modernisierten Wagen aus dem vorhandenen Bestand.
ESU Ecos Icon (leider gibt es noch kein Modell)

Technische Daten
| CJ | MOB | TPF | MBC | TRAVYS | |
| Inbetriebsetzung | 2016 | 2016 | 2015-18 | 2015-16 | 2015-16 |
| Stromsystem | 900V = | 850V = | 850V = | 15kV ∼ | 15kV ∼ |
| Kupplungstyp | SCHWAB/ +GF+ | SCHWAB | SCHWAB | +GF+ | +GF+ |
| Breite | 2650 | 2650 | 2650 | 2650 | 2650 |
| Drehgestellachsstand | 2000 | 2000 | 2000 | 2000 | 2000 |
| Höchstgeschwindigkeit | 100 | 100 | 100 | 100 | 100 |
| Raddurchmesser neu | 810 | 810 | 770 | 810 | 810 |
| Anzahl Fahrzeuge | 5 | 4 | 6 | 4 | 3 |
| Länge über Puffer | 20260 | 40520 | 55210 | 60110 | 60110 |
ABe 8/12 der MBC in Biere am 22.10.2018
Das Konzept der Schmalspurzüge „SURF“ basiert weitgehend auf den normalspurigen FLIRT-Triebzügen. Die Antriebe befinden sich in den äusseren Endwagen; die elektrische Ausrüstung ist auf dem Dach untergebracht. Zur Steigerung der Verfügbarkeit sind elektrische Komponenten weitgehend redundant ausgeführt. Um das BehiG (Behindertengleichstellungsgesetz) zu erfüllen, wurde auf Jakobsdrehgestelle verzichtet – so konnten durchgehende, niederflurige Wagenübergänge realisiert werden. Die Wagenkästen bestehen aus geschweisstem Aluminium; die Fronten erfüllen die aktuellen Crashnormen. Bahnen mit Rollbockverkehr erhielten zusätzlich einen Querträger im Bereich der Führertischbrüstung zur Verstärkung. Die Führerstandskabinen sind als GFK-Sandwichkonstruktion ausgeführt – erstmals angewendet bei den „Diamant“-Zügen der BDWM. Die Zwischenwagen entsprechen im Aufbau jenen der 2011 an die MBC gelieferten Fahrzeuge.
Die Wagenkästen sind als geschweisste Aluminiumkonstruktion ausgeführt. Bei den TPF und NStCM Fahrzeugen bestimmt die Infrastruktur die maximale Länge der Wagenkästen. Die Fahrzeugfronten erfüllen die verschärften Crashnormen. Die Fahrzeuge von Bahnen mit Rollbockverkehr erhielten, um den massiv höheren Kräften, bei Kollisionen aktiv entgegen zu wirken, einen zusätzlichen Querträger im Bereich der Führertischbrüstung. Die Führerstandkabinen bestehen aus einer GFK-Sandwichkonstruktion und wurde erstmals bei den „Diamant“ Zügen der Bremgartrn-Dietikon Bahn realisiert. Die Bauweise der Zwischenwagen wurde von den bereits im Jahr 2011 an die MBC gelieferten Fahrzeuge übernommen.
ABe 4/12 der CJ in Le Noirmont am 22.10.2018
Die Antriebsdrehgestelle basieren auf der Konstruktion der ABe 8/12 „Allegra“ der RhB. Je nach Bahn wurden Magnetschienenbremsen (MG) optional bestellt. Die Endwagen besitzen automatische Kupplungen vom Typ +GF+ oder Schwab; bei der CJ sind innerhalb der Komposition +GF+-Kupplungen und an den Enden Schwab-Kupplungen verbaut.
Die Fahrzeuge sind mit einer Druckluftbremse (5 bar) ausgerüstet wie Fahrzeuge der Vollbahnen – für Schmalspurzüge eher ungewöhnlich – sowie mit EP- und elektrischer Bremse. Auch die Gleichstromversionen verfügen über rekuperierende Bremsen; bei nicht aufnahmefähigem Netz werden die Bremswiderstände automatisch zugeschaltet.
ABe 4/8 der TPF in Palézieux am 22.10.2018
Innenraum & Niederflurbereich
Die Sitzanordnung folgt der Fensterteilung und erlaubt freien Ausblick. Die Bodenhöhe im Niederflurbereich beträgt durchgehend 480 mm, im Türbereich 407 mm über Schienenoberkante. Der Einstieg erfolgt je nach Bahn über Schiebetritte oder – bei der MOB, wegen des Winterbetriebs – über Klapptritte
Stromsysteme & Antrieb
Die Traktionsausrüstung besteht wegen den unterschiedlichen Stromsystemen aus zwei Gruppen.
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Wechselstromfahrzeuge (15 kV ~):
Stromaufnahme über zwei Einholmstromabnehmer; Transformator unter dem Wagenboden nahe den Drehgestellen.
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Gleichstromfahrzeuge (850–900 V =):
Stromrichter auf dem Dach oder an den Wagenkastenenden; Versorgung über Hochspannungsdachleitung.
Die Fahrmotoren werden bei den Gleichstrombahnen einzeln vom Stromrichter gespiesen, bei den Wechselstromfahrzeugen wird jedes Drehgestell einzeln gespiesen.
Die Fahrmotoren sind alle baugleich, die Stromrichter sind wassergekühlte IGBT-Stromrichter.

ABe 4/4 9302 der MOB in Saanen
Das Modulare System von STADLER erlaubt es, diese Art von Schmalspurzügen einfach an die Bedürfnisse jedes Bahnunternehmen anzupassen, so dass immer mehr gleiche oder ähnliche Züge auch bei anderen Bahnen zum Einsatz kommen.




