MOB Lokomotive GDe 4/4 6001-6004

Die blau/weisse "Balkonlok" im Berner Oberland



GDe 4/4 6001 Vevey mit Regionalzug Zweisimmen-Montreux  in Chamby am 9.4.2007

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Die schmalspurige Montreux–Bernois–Oberland-Bahn (MOB) setzte für die Traktion auf ihrem Netz von Montreux nach Zweisimmen und von Zweisimmen nach Lenk fast ausschliesslich Triebwagen ein. Für den Gleichstrombetrieb waren Triebwagen damals die zweckmässigste Lösung. Nur die beiden Gepäcktriebwagen DZe 6/6 wurden offiziell als Lokomotiven bezeichnet.

Die MOB führt durch einmalige Landschaften vom Genfersee ins Berner Oberland, wurde aber erst mit der Einführung der Panoramic-Express-Züge einem breiten Publikum bekannt. Dies war auch der Auslöser, in den 1980er-Jahren erstmals echte Lokomotiven zu beschaffen.

Das Pflichtenheft sah vor, dass die bisherige Anhängelast – vier Personenwagen mit zwei Triebwagen in Doppeltraktion – künftig mit einer einzigen Lokomotive auf fünf Wagen erhöht werden sollte. Ein 110 t schwerer Zug sollte die 70 ‰- Rampen mit 40 km/h befahren können. Da der Güterverkehr nach wie vor eine wichtige Rolle spielte, verlangte die MOB eine universell einsetzbare Lokomotive mit der Achsfolge Bo’Bo’, welche die durch die 900-V-Gleichstromversorgung gegebene Leistungsgrenze voll ausschöpfen sollte.

Um bei den neuen Panoramazügen auf einen separaten Gepäckwagen verzichten zu können, war ein kleines Gepäckabteil vorgesehen. Die neuen Fahrzeuge waren leistungsmässig jedoch eindeutig Lokomotiven und erhielten deshalb die Bezeichnung GDe 4/4 (G = Lokomotive, D = Gepäck, e = elektrisch), nicht De 4/4.

Entstehung und Aufbau

1982 vergab die MOB den Auftrag an die damals führenden Schweizer Lokomotivbauer SLM (mechanischer Teil) und BBC (elektrische Ausrüstung). Das Kastenkonzept basierte teilweise auf bestehenden Fahrzeugtypen anderer Bahnen. Der selbsttragende Lokkasten mit gesickten Seitenwänden in Leichtstahlbauweise entsprach, inklusive Gepäckabteil, weitgehend den Deh 4/4 II der Furka-Oberalp-Bahn (FO). Die Drehgestelle stammten konzeptionell von den Ge 4/4 III der FO-Tunnellokomotiven ab. Charakteristisch sind die markanten Übergangsbrücken an den Fahrzeugenden, welche die Zug- und Stosskräfte direkt auf den Lokkasten leiten – ein bis dahin einmaliges Konstruktionsmerkmal. MOB-typisch befindet sich über der Mittelpufferkupplung mit darunterliegender Schraubenkupplung eine zur Seite klappbare Rollbockkupplung für den Güterverkehr. Der Führerstand ist über eine Plattform erreichbar. Auffällig ist die asymmetrische Front mit geteilter Tür und Fensteranordnung (¼ / ¾). In der Fahrzeugmitte liegt das etwa 6 m² grosse Gepäckabteil, zugänglich über zwei Seitentore und eine Tür von der Führerstandsseite her.


Technische Daten

  Ablieferung   1983
  Betriebsnummern   6001 - 6004 (6005-6006)
  Spurweite   1000 mm
  Länge über Puffer   16`400 mm
  Drehgestellachsstand   2`600 mm
  Triebraddurchmesser neu   1070 mm
  Anfahrzugkraft   170 kN
  Höchstgeschwindigkeit    100 km/h (eine Weltrekordfahrt mit 110 km/h)
  Gewicht   50 t
  Fahrleitungsspannung   900V =
  Leistung   1000 kW
  Fahrmotoren   4

Fahrwerk und Antrieb Der Lokkasten stützt sich über vier Flexicoil-Federpaare auf die als Hohlträgerrahmen ausgeführten Drehgestelle ab. Die Primärfederung erfolgt über Schraubenfedern. Jede Achse besitzt einen eigenen, vierpoligen Wellenstrommotor, der seine Leistung über einen BBC-Schiebelagerantrieb überträgt – eine Weiterentwicklung des klassischen Tatzlagerantriebs. Dieser erlaubt freie Querbewegungen und vertikale Einfederung von Achse und Motor. Der Motor ist einerseits mit einem Zylinderrollenlager auf der Achse abgestützt, andererseits über ein Gummielement am Drehgestellrahmen. Die Zugkraftübertragung zwischen Drehgestell und Wagenkasten erfolgt über vier tief liegende Traversenstangen, elastisch in Gummielementen gelagert.

Bremsanlagen Die Lokomotiven besitzen eine Druckluftbremse, welche die vorhandene Vakuumbremse mit ansteuert – erforderlich für den Rollbockverkehr. Die Feststellbremse ist als Federspeicherbremse ausgeführt und wirkt auf je eine Achse pro Drehgestell. Zusätzlich sind vier Magnetschienenbremsen installiert.

Elektrische Ausrüstung Im Wagenkasten sind die komplette elektrische Ausrüstung und die Chopper-Steuerung untergebracht. Auf dem Dach befinden sich zwei Einholmstromabnehmer, ein Gleichstrom-Schnellschalter und ein Überspannungsableiter. Die Batterien und das Ladegerät sind unterflur zwischen den Drehgestellen montiert. Die Fahrzeuge verfügen über eine elektrische Bremse, die sowohl rekuperativ als auch widerstandsgebremst arbeitet. Die Widerstandsbremse erlaubt auch bei Netzüberlast oder fehlenden Energieabnehmern die volle Bremsleistung.

Lackierung und spätere Entwicklungen Zur Ablieferung 1983 erhielten die vier MOB-Lokomotiven die Farbgebung blau/crème, passend zu den Panoramic-Express-Zügen. Die beiden Schwestermaschinen der GFM (GDe 4/4 6005–6006) erschienen in silber/orange. Später trugen einzelne MOB-Lokomotiven Vollwerbung für Unternehmen aus der Region. Heute befinden sich auch die beiden ehemaligen GFM-Maschinen im Bestand der MOB.

ESU Ecos Icon

GDe 4/4 6003 Saanen mit Schnellzug Zweisimmen-Montreux  in Zweisimmen am 9.4.2007 

Bestand (Stand 2025)
6001 MOB  
6002 MOB  
6003 MOB  
6004 MOB  
6005 ex GFM Ursprünglich silber/orange (GFM) ging 2007 an die MOB
6006 ex GFM Ursprünglich silber/orange (GFM) ging 2007 an die MOB