RhB ABe 4/4 II 41-49



RhB Triebwagen ABe 4/4 II 44 in Alp Grüm

Geschichte Anfang der 1960er-Jahre musste die Rhätische Bahn eine Neubeschaffung von Triebfahrzeugen für die Berninabahn in Angriff nehmen. Noch immer waren zahlreiche Fahrzeuge aus den Eröffnungsjahren im Einsatz. Zwischenzeitlich existierten Pläne, die steilen 70-Promille-Rampen mit einer Zahnstange auszurüsten, um mit leistungsfähigeren Triebfahrzeugen grössere Anhängelasten zu befördern. Diese Idee wurde jedoch bald wieder verworfen. Stattdessen entschied man sich, auf bewährte Konzepte zurückzugreifen – insbesondere auf das der erfolgreichen Triebwagen der Chur-Arosa-Bahn. Man übernahm deren Grundkonzept, verzichtete aber auf das Gepäckabteil, um die Fahrzeuge zu verkürzen.

Aufbau Die Triebwagen der Serie ABe 4/4 II (41–49) wurden 1963 bei der SWS Schlieren (mechanischer Teil) sowie bei BBC Baden und SAAS Genève (elektrischer Teil) gebaut. Konstruktiv sind sie mit den Fahrzeugen der Chur-Arosa- und der Bellinzona–Mesocco-Bahn verwandt. Im Gegensatz zu den älteren ABe 4/4 I mit Endeinstiegen erhielten die neuen Fahrzeuge einen Mitteleinstieg, der auf eine Plattform führt, von der aus die beiden Fahrgasträume der 1. und 2. Klasse erreichbar sind. Es stehen 12 Sitzplätze in der 1. Klasse und 24 Sitzplätze in der 2. Klasse zur Verfügung. Auf dem Dach befinden sich zwei Einholmstromabnehmer, zwischen denen die Bremswiderstände angeordnet sind.

Elektrischer Teil Die Triebwagen werden von vier Reihenschlussmotoren angetrieben, die in den beiden Drehgestellen des Typs Schlieren aufgehängt sind. Diese Drehgestelle verfügen über ein automatisches Lastausgleichssystem. Die Leistungsregelung erfolgt über eine elektropneumatische Schützensteuerung, die über ein Stufenhandrad im Führerstand betätigt wird – bei Gleichstrombahnen jener Zeit die übliche Technik. Zur elektrischen Bremse werden die Fahrmotoren bei Talfahrt als Generatoren geschaltet; die Bremsenergie wird über die Dachwiderstände in Wärme umgesetzt. Mit einer Leistung von 940 PS sind die ABe 4/4 II in der Lage, einen 65 t Zug auf 70 ‰ Steigung mit 28 km/h zu befördern – eine deutliche Leistungssteigerung gegenüber den früheren Fahrzeugen. Die Triebwagen sind mehrfachtraktionstauglich und können gemeinsam mit den später gelieferten dieselelektrischen Gem 4/4 801–802 verkehren. Auch eine Fernsteuerung der 1967 abgelieferten Schneeschleudern Xrot 9218 und 9219 ist möglich. Eine Doppeltraktion mit zwei ABe 4/4 II erreicht eine maximale Zughakenlast von 140 t – die bevorzugte Betriebsform auf der Berninabahn.

Farbgebung Wie damals üblich, wurden auch die Bernina-Triebwagen im klassischen Rot ausgeliefert. Ihr Erscheinungsbild änderte sich im Laufe der Jahrzehnte gemäss den jeweils gültigen RhB-Designrichtlinien: Ursprünglich mit verchromten Zierleisten, später nur noch aufgemalten Linien (zunächst golden, später weiss). Die Beschriftung trug anfangs die Abkürzung RhB, ab 1973 das neue RhB-Logo in der eckigen Klammer, und ab 1983 den Schriftzug „Rhätische Bahn – Ferrovia Retica“ in mehreren Sprachen. Heute verkehren die Fahrzeuge mit tiefer gesetztem Zierstreifen und dunkelgrauem Wagenunterteil.

Einsatz und Ablösung Mit der Einführung der Mehrsystem-Triebzüge ABe 8/12 „Allegra“ im Jahr 2010 verloren die ABe 4/4 II zunehmend an Bedeutung und wurden nach und nach aus dem Regelbetrieb genommen.

Technische Daten ABe 4/4 II 

 

Baujahr 1963
Hersteller SWS Schlieren / BBC Baden / SAAS Genève
Anzahl gebaut 9 Einheiten (Nr. 41 – 49)
Leistung 690 kW / 940 PS
Dienstgewicht 36 t
Sitzplätze 12 (1. Klasse) + 24 (2. Klasse)
Spurweite 1 000 mm
Stromsystem 1 000 V = (Gleichstrom, Berninabahn)
Achsfolge Bo’Bo’
Höchstgeschwindigkeit 45 km/h
Bremse elektrische Widerstands- und Vakuumbremse
Mehrfachtraktion mit ABe 4/4 II, Gem 4/4 801–802 und Xrot 9218/9219 möglich

Bestand (Stand 2025) Von den ursprünglich neun Triebwagen der Serie ABe 4/4 II (Nr. 41 – 49) sind heute noch drei Fahrzeuge erhalten. Der ABe 4/4 II 47 ist betriebsfähig und im Nostalgieverkehr im Einsatz, der Triebwagen 48 wurde zum Hilfsfahrzeug Xe 4/4 48 umgebaut und der 49 zum Infrastukturfahrzeug 23201. Alle übrigen Triebwagen der Serie wurden abgebrochen.

 

41 1963 abgebrochen
42 1963 abgebrochen
43 1963 abgebrochen
44 1963 abgebrochen 
45 1963 abgebrochen
46 1963 abgebrochen
47 1963 betriebsfähig – Berninabahn, Nostalgie- und Sonderzüge
48 1963 umgebaut zu Hilfsfahrzeug Xe 4/4 48
49 1963 umgebaut zu Infrastrukturfahrzeug 23201 (teilweise abgestellt)