RhB Gem 4/4 802 vor dem Depot Poschiavo, 11.1.2007

Geschichte Als Ersatz für Dampflokomotiven und eines bei einem Brand beschädigten Triebwagens sollte eine Universal einsetzbare Lokomotive beschafft werden. Die Preisvorstellung der RhB lag bei einem Stückpreis von einer Million sFr pro Maschine. Die Offerten der Industrie zeigte jedoch schnell, dass für drei Millionen nur zwei Maschinen erhältlich waren. Anfänglich war auch die Furka-Oberalp-Bahn interessiert an der Entwicklung dieser Zweikraftlokomotiven, entschloss sich dann aber bald zur Beschaffung einer reinen Diesellokomotive HGm 4/4 mit Adhäsions- und Zahnradantrieb. So bestellte 1963 nur die RhB zwei diesel-elektrische Zweikraft-Lokomotiven des Typs Gem 4/4 mit der Achsfolge Bo'Bo', welche auch als fahrdrahtunabhängige Fahrzeuge auf dem Bernina- und auf dem Stammnetz einsetzbar sein sollten. Die Lokomotiven wurden durch das Eidgenösische Militärdepartemen subventioniert, da das EMD für die strategische Landesversorgung an fahrdrahtunabhängigen Fahrzeugen interessiert war.

Konstruktion Die ersten Studien gingen von einer Lokomotive mit Zentralführerstand und grossen Vorbauten aus. Dann war eine Idee im Gespräch, den Lokkasten der Ge 4/4 I zu verwenden und nur den Antrieb zu modifizieren. Dies machte seiner Zeit schon die SBB als sie die Diesellok Bm 4/4 II aus dem Lokkasten der Re 4/4 I konstruierte. Da der Markt an möglichen Serienfahrzeugen nicht gerade gross war oder die Maschinen entweder zu geringe Leistung aufwiesen oder die Kurvengängikeit für Radien unter 50m nicht hatten, entschloss man sich für eine Eigenkonstruktion. Verschiedene Firmen waren an der Konstruktion dieser Fahrzeuge beteiligt. Die SLM lieferte den mechanischen Teil, während der diesel-elektrischen Antrieb von den Firmen SWS, RACO, BBC, MFO übernommen wurden. Das Pflichtenheft dieser Lokomotiven sieht einen Betrieb mit Gleichstrom 1000 V ab Fahrleitung und eine Betriebsart mit Dieselmotor vor. Zudem müssen die Lokomotiven in Doppeltraktion mit den ABe 4/4 II und III einsetzbar sein. Zusätzlich muss die Lok von der Xrot Schneeschleuder aus fernsteuerbar sein. Die Lok soll für Schneeräumeinsätze auf dem ganzen RhB Netz verkehren können. 
Die Wahl viel auf eine Lok mit zwei Führerständen die über je eine eigenen Führerstandstüre verfügen. Dazwischen liegt der Maschinenraum mit Dieselmotoren und Generator und der elektrischen Ausrüstung. Der Lokkasten füllt fast das ganze zulässige Lichtraumprofil der RhB aus und verleiht der Lokomotive ihr bulliges Aussehen. Die Gestaltung der Frontfenster ähnelt stark der Ge 6/6 II Serie. An den Seitenwänden fallen die grossen Türen und Lüftungsgitter auf, hinter denen Aggregate und Dieselmotoren untergebracht sind.

Beim Refit der Gem 4/4 Lokomotiven konnten die Führerstände um mehr als 15 cm pro Seite verlängert werden, indem die Führerstände über den Frontumlauf gezogen wurden Dieser Platzgewinn wurde genutzt, um einen übersichtlichen und ergonomisch gestalteten Arbeitsplatz für die Lokomotivführer zu realisieren. Wichtige Anzeigeinstrumente wie Geschwindig- keitsmesser, Druckluftinstrumente  oder Betriebsstoffinhaltsanzeige wurden Zentral angeordnet. Über das Handrad werden die Steuerbefehle an die Leitelektronik übermittelt. Neu konnte  auch Anstelle des alten Sitzbrettes für den Lokführer ein Luft- gefederter Lokführerstuhl der sich individuell an die Bedürfnisse und das Gewicht anpassen lässt, installiert werden. Eine Klimaanlage sorgt zusätzlich sowohl im Winter wie im Sommer für eine angenehme Temperatur im Führerstand.

Arbeitsplatz des Lokomotivführer in der Refit Gem 4/4

Antrieb Unter Gleichstrom verfügen die Lokomotiven über eine Leistung von 680 kW. Die Maschinen besassen Ursprünglich dieselbe elektrische Steuerung und Drehgestelle wie die ABe 4/4 II. Für den stromlosen Betrieb treiben zwei 12 Zyliner Cummings-Dieselmotoren mit je 595 kW einen Generator an, der den Traktionsstrom für die Fahrmotoren liefert. Die Lokomotiven leisten im Dieselbetrieb 926 kW. Wie die RhB -Triebwagen wurden auch die beiden Loks rot gestrichen. An den Seitenwänden schmückt ein Steinbock (801) sowie ein Murmeltier (802) die Lokomotiven. 

Betriebseinsatz Die Lokomotiven sind je eine in Poschiavo und eine in Pontresina beheimatet. Die Leistungen werden meistens auf der Berninlinie gefahren. Ob in fahrplanmässigen Zügen zum Teil in Doppeltraktion mit den Triebwagen ABe 4/4 II oder III oder mit Schneeräumzügen und der Schneeschleuder. Die Maschinen sind bei grossen Schneeräumarbeiten aber auch auf der Albulalinie anzutreffen wo sie ausschliesslich mit Diesel arbeiten und über ein Kabel auch die Schneeschleuder mit elektrischer Energie versorgen. Nachdem die Loks in die Jahre gekommen waren und eine der beiden Maschinen durch einen Brandschaden ausserbetrieb war, entschloss sich die RhB im Jahre 2000 die Lok 801 in der Hauptwerkstätte in Landquart, einer grundlegenden Sanierung zu unterziehen. Die beiden Führerstände wurden abgetrennt und durch neue dem Lokomotivführer mehr Platz bietende, längere ersetzt. Die Dieselmotoren wurden durch neue leistungsfähigere mit je 706 kW Leistung ersetzt. Die Steuerung wurde Grundlegend modernisiert. Auf die Sommersaison 2001 war die 801, als neuwertige mit modernem Design verkehrende Lokomotive, wieder einsatzfähig. Die 802 wurde im Winter 2002/03 ebenfalls umgebaut.

Technische Daten


  Ablieferung   1963/2000/2003
  Betriebsnummern   801-802
  Spurweite   1000 mm
  Länge über Puffer   13540 mm
  Achsstand   10200 mm
  Achsstand im Drehgestell   2200 mm
  Triebraddurchmesser   920 mm
  Höchstgeschwindigkeit   65km/h
  Gewicht   50t
  Länge über Puffer   13540mm
  Fahrleitungsspannung   1000V=
  Leistung thermisch   780kW
  Leistung elektrisch   680kW
  Fahrmotoren   4

Namen der Fahrzeuge

801 Steinbock
802 Murmeli

RhB Gem 4/4 802 vor dem Berninaexpress, Poschiavo 7.11.2004