RhB Ge 4/4 I 611-633

Die moderne Allzwecklok der RhB



Ge 4/4 II 611 LANQUART der Stiftung Grün&Chrom in Landquart am 18. April 2024

Geschichte

Kurz nach der Ablieferung der letzten Ge 6/6 II begann die Rhätische Bahn, über den Ersatz ihrer alternden Stangenlokomotiven nachzudenken. Zunächst stand die Beschaffung einer dritten Serie der bewährten „Siebenhunderter“ Ge 6/6 II im Raum. Da deren Technik jedoch weitgehend auf der älteren Ge 4/4 I basierte und damit bereits überholt war, entschied man sich für ein völlig neues Konzept. Die RhB hatte mit der stufenlosen Phasenanschnittsteuerung bei Rangierlokomotiven sehr gute Erfahrungen gemacht. So fiel die Wahl auf eine moderne Lokomotive mit Thyristorsteuerung – die spätere Ge 4/4 II.

1. Serie (611–620) Im Jahr 1970 bestellte die RhB zehn vierachsige Hochleistungs-Thyristorlokomotiven mit stufenloser Phasenanschnittsteuerung. Die Maschinen Ge 4/4 II 611–620 wurden ab 1973 in Betrieb genommen. Äusserlich erinnert die Lok stark an die SBB Re 4/4 II, und auch die ursprüngliche grüne Farbgebung entsprach dem damaligen Erscheinungsbild des RhB-Fahrzeugparks. Technisch unterscheidet sich die RhB-Version jedoch deutlich: Die Fahrmotoren werden stufenlos über Hochleistungs-Thyristoren angesteuert. Eine Nutzstrombremse war zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisierbar, weshalb die Bremsenergie bei Talfahrten über Widerstände auf dem Dach abgeführt wurde – anders als bei der Re 4/4 II der SBB, die einen 31-stufigen Stufenschalter und eine Rückspeisebremse besitzt.

Nachbauserie (621–633) Aufgrund der sehr guten Betriebserfahrungen bestellte die RhB 1982 dreizehn weitere Lokomotiven. Diese zweite Serie wurde ab Werk im neuen roten Design geliefert und erhielt ein paar technische Verbesserungen. Die Lokomotiven der ersten Serie wurden im Laufe der Jahre ebenfalls auf das rote Farbdesign umgestellt. Mit der Elektrifizierung der Arosalinie (Chur – Arosa) auf Wechselstrom im Jahr 1997 kamen die Ge 4/4 II auch dort zum Einsatz. Im Zuge laufender Revisionen wurden die runden Scheinwerfer durch eckige Leuchten ersetzt. Alle Maschinen tragen Namen bedeutender Ortschaften und Verkehrsknoten Graubündens – etwa Klosters, Bergün, Samedan oder Thusis.

Refit und Modernisierung Seit 2004 werden die Ge 4/4 II im Rahmen eines umfassenden Refit-Programms modernisiert. Die gesamte Steuerung wurde durch eine computergestützte Leittechnik ersetzt, die Energieversorgung und Sicherheitssysteme aktualisiert. Äusserlich erhielten die Lokomotiven das New-Design der RhB (hellrot mit grauem Zierband) und auf der Lokführerseite einen zweiten Rückspiegel. Damit entspricht das Erscheinungsbild der Ge 4/4 II heute weitgehend dem moderneren Design der Ge 4/4 III und der Allegra-Triebzüge.

Einsatz und Bedeutung Die Ge 4/4 II gilt als die Allzwecklok der RhB. Sie kommt im Reise-, Schnell- und Güterverkehr auf dem gesamten Stammnetz zum Einsatz – von der Albula- und Engadinlinie bis nach Disentis, Davos und Arosa. Noch 50 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme bilden sie den Rückgratbestand der elektrischen Traktion und stehen sinnbildlich für die Modernisierung der Rhätischen Bahn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Technische Daten

Bezeichnung Ge 4/4 II
Betriebsnummern 611 – 633
Achsanordnung Bo`Bo`
Fahrleitungsspannung 11 kV~, 16,7 Hz
Spurweite 1.000 mm
Länge über Puffer 12.960 mm
Breite 2.650 mm
Dienstgewicht 50,0 t
Max. Leistung 1.650 kW
Höchstgeschwindigkeit 90 km/h

 

Aktueller Bestand (Stand 2025)

Von den ursprünglich 23 Lokomotiven der Serie Ge 4/4 II (Nr. 611–633) stehen heute noch 19 Maschinen im aktiven Einsatz. Vier Lokomotiven wurden abgebrochen.

611 Landquart 1973 Stiftung Grün&Chrom
612 Thusis 1973  
613 Klosters 1973 abgebrochen
614 Davos 1973  
615 Ftan 1973  
616 Filisur 1973 abgebrochen
617 Ilanz 1973  
618 Bergün 1973  
619 Samedan 1973 abgebrochen
620 Zernez 1973  
621 Scuol 1984  
622 Arosa 1984  
623 Bonaduz 1984  
624 Celerina 1984  
625 Felsberg 1984  
626 Malans 1984  
627 Zuoz 1984  
628 Susch 1984 abgebrochen
629 Tiefencastel 1984  
630 Trun 1984  
631 Untervaz 1984  
632 Zizers 1984  
633 Zuoz  1984  

Foto-Gallerie