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Wie alles begann...

Wie konnte es anders sein, ein Dampfzug mit Stainz 2 und den zweiachsigen Personenwagen aus der Startpackung machten auch bei mir den Anfang (Anlage um 1972)

1968, ein Jahr nach meiner Geburt, erblickte in Nürnberg eine ganz besondere Idee das Licht der Welt: Die Gebrüder Richter stellten die größte Modellbahn der Welt vor, die sowohl betriebsamen Kinderhänden als auch der rauen Witterung im Freien standhält. Bei meiner ersten Begegnung mit dieser faszinierenden Modellbahn – die aus Sicht meiner Kinderaugen wohl riesig gross gewesen sein muss – wurde ich Anfang der siebziger Jahre als vierjähriger Junge vom "LGB-Virus" angesteckt. Ich erhielt aus der Liquidationsmasse eines Fachgeschäfts die Dampflok "Steinz" (wie hätte es anders sein können!) und ein paar zweiachsige Wagen.

Etwas später kam dann noch die niedliche blau-weiße E-Lok der Mixnitz St Erhard Bahn dazu. Drei R1-Weichen und ein paar gebogene und gerade Schienen bildeten zunächst die Gleisanlage. Mit diesem Setup verbrachte ich glückselige Stunden bei meinen Grosseltern im Bündnerland. Im Sommer drehten die Züge ihre endlosen Runden im Freien, und im Winter auf dem Dachboden.
 


Direkte Sicht vom Schlafzimmer auf das begehrte Vorbild, die Albulalinie der Rhätischen Bahn

Ein großes Haus mit einem Garten und direktem Blick auf den Schienenstrang der Rhätischen Bahn bot geradezu das optimale Umfeld und die richtige Stimmung, um eine Modellbahn aufzubauen. Unzählige Stunden meiner Kindheit habe ich so bei meinen Großeltern im ländlichen Dorf Surava verbracht, das mitten im Herzen von Bündens Staatsbahn liegt. Das 200-Seelendorf Surava war dann auch die Ausgangsstation vieler vergnüglicher Fahrten und Erlebnisse auf dem Netz der Rhätischen Bahn, die für mich bald einmal die Brücke zum echten Vorbild, dem Massstab aller Dinge, schlugen.


 

 

 

 

 

 

 

Als wir im Sommer 1975 von einer Wohnung in ein kleines Häuschen mit Garten in Adliswil, einem Vorort von Zürich, zogen, war für mich bald einmal klar, dass damit meine LGB ihren Hauptsitz vom Bündnerland ins Flachland verlegen musste. Bei meinen Aufenthalten in Surava habe ich immer öfter mit meiner Einbildungskraft Fahrzeuge der Rhätischen Bahn auf mein Gleis gesetzt, wenn sich vor meinen Augen die schweren Züge des Vorbilds wie eine Schlange durchs enge Albulatal zwängten. Als die Firma Lehmann im Grossen LGB Katalog 1977 das RhB Krokodil 2040 ankündigte,

Grosser LGB Katalog 1977 Download 5.4 MB

ein Modell, das schon immer meine Fantasie und die Eisenbahnerträume meines Vaters beherrscht hatte, wurde dieses zuoberst auf die Wunschliste gesetzt. Unsere Geduld wurde auf eine arge Zerreissprobe gestellt, bis eines Abends unser Traum in Erfüllung ging, als der Fachhändler im heimischen Garten das zauberhafte Krokodil zu seiner ersten Jungfernfahrt auf die Schienen setzte und dieses zappelnd mit majestätischer Würde seine grosse Zugkraft demonstrierte. So etwas hatte es bis anhin noch nie gegeben! Damit begann nach etwas mehr als zehn Jahren Grossbahnära eine neue Epoche in der Geschichte von LGB.



 

1976 das erste Rhätische Krokodil im Modell auf der mobilen Anlage mit R3 Weichen und ersten vierachsigen Wagen


In den achtziger Jahren wurde jeder Franken, den wir entbehren konnten, in die Gartenbahn investiert. Von POLA, Kibri und LGB wurde Material erworben: Schienen, grosse Weichen, Bahnhöfe, Güterschuppen, Bäume, Wagen usw. 
So war es möglich, eine ansehnliche Anlage im Garten aufzubauen. Meine Beschäftigung in den Sommerferien bestand darin, morgens den Rasen möglichst tief zu schneiden und danach die Schienen zu verlegen. So gegen Mittag drehten die ersten Kompositionen ihre Runden im häuslichen Garten. Dieses Prozedere wiederholte sich alle zwei bis drei Tage, je nach dem wie schnell der nachwachsende Rasen die Gleise wieder verdeckte.









Bereits 1978 wurde die Anlage auf eine Mehrzugsteuerung umgerüstet. Das analoge, auf Schwingkreisbasis beruhende System von SALOTA, erlaubte unsere vier Loks (fast) unabhängig voneinander zu steuern. Da die Einstellungen der Empfänger nicht immer präzis waren, störten sich die Lokomotiven zeitweise gegenseitig, vorallem im Langsamfahrbereich. Nichts desto Trotz war es ein neues Fahrerlebnis, wenn mehrere Züge auf ein und demselben Stromkreis, unabhängig voneinander ihre Fahrbefehle ausführten! Keine schaltbaren Gleisabschnitte oder Signale mit Zugbeeinflussung, die auch nur einen rudimentären Mehrzugbetrieb zuliessen. Durch die dauernde Gleisspannung hatten die Fahrzeuge sogar im Stillstand Licht. Mit dieser Vorstufe der digitalen Mehrzugsteuerung wurde ein neues Zeitalter in der Modellbahnsteuerung eingeläutet. Leider hielten die Decoder der auftretenden starken Erwärmung nicht immer Stand und verbrannten häufig nach wenigen Betriebsstunden.

 

In der kälteren Jahreszeit habe ich die Anlage regelmässig auf dem ungeheizten Dachboden unseres kleinen Hauses verlegt. Auch das war eine neue Erfahrung, musste doch abends nicht alles weggeräumt, um am Tag darauf wieder von neuem aufgebaut zu werden. Nun war es möglich, die Anlage mit kleinen Details auszuschmücken, ohne dass diese vom Wind in Nachbarsgarten getragen wurden.

Doch eines Tages hat sich die Begeisterung für die Grossbahn allmählich gelegt. Die mittlerweile zwei Krokodile und die Waldenburger Dampflok waren ja ganz schön. Doch die zweiachsigen Wagen von irgendwelchen deutschen oder österreichischen Schmalspurbahnen wollten einfach nicht so richtig in unser Bild von Bündens Gebirgsbahn passen. So haben wir uns entschlossen, das «weltfremde» Material zu veräussern. Der Erlös aus dem Verkauf von Wagen, dem Bahnhof «Kleinbach» und vielen weiteren Requisiten der Gartenbahn wurde umgehend in die Spur H0m gesteckt, wo BEMO in schneller Folge ein Modell nach dem anderen unserer heimischen Rhätischen Bahn auf den Markt brachte. Als ich auch noch die Krokodile und Schienen unserer Grossbahn verkaufen wollte, hat mein Vater die Notbremse gezogen. Damit war der vollständige Niedergang unserer LGB-Epoche zwar abgewendet, trotzdem war die grosse Spur vorerst in der Versenkung verschwunden.

1981 kündigte Trix ein Mehrzugsystem auf digitaler Basis an. Wir gehörten zu den ersten, die bei der Marktreife im Jahre 1983 dieses System testen konnten. Unsere BEMO-Modelle, die wir mit Decodern ausgerüstet hatten, liefen hervorragend und störungsfrei. Nachdem wir auf ein Schaltschema stiessen, das grössere Motorströme ermöglichte, haben wir versuchsweise das Digitalsystem von Selectrix auch in LGB-Fahrzeuge eingebaut. Ein mit zwei Selectrixdecodern ausgerüstetes Krokodil lief danach störungsfrei einen ganzen Nachmittag lang auf einem holprigen Oval im Freien. Dies war der Neustart zum Abenteuer RhB auf 2m. Nach und nach baute ich alle Triebfahrzeuge auf digital um und dies führte zu einem ganz neuen Spielerlebnis lange bevor LGB offiziell ein eigenes MZ System auf den Markt gebracht hatte.

Etwa zur selben Zeit zeigten amerikanischen Modellbahner, wie realistischer Modelle auszusehen hatten. Kosmetische Verwitterungs- und Gebrauchsspuren an Modellfahrzeugen führten zu einem Finish, der an Realität kaum mehr zu überbieten war. Diese Technik hat mein Vater auf ein LGB-Krokodil angewendet: Ein Hauch von Flugrost und Metallstaub, Ölspuren an Gestänge, Drehgestellen und Puffern, verleihen das gewisse Etwas. So entstanden dem Vorbild täuschend ähnliche Nachbildungen. Seither ist es bei uns fast unmöglich, ein Fahrzeug im fabrikneuen Zustand auf der Freilandanlage verkehren zu lassen. Dies alles brachte neue Impulse für unsere Grossbahn und führte uns in eine neue Schaffensperiode.

Durch einen glücklichen Zufall lernte ich 1984 den Hersteller der LEBU-Wagen kennen. Es war bereits die Zeit, in welcher die Produktion der Vollmetallwagen nach Vorbild der RhB nach und nach eingestellt wurde. Mit diesen authentischen vierachsigen Wagen begann alles wieder von neuem, nur mit dem Unterschied, dass von nun an nur noch Fahrzeuge und Modelle nach Schweizer Vorbildern angeschafft wurden.

Auch begann ich die Anlage dauerhaft zu bauen. Um nicht alle zwei Tage ab und wieder aufzubauen, verlegte ich die Gleise auf Plattensteine. Diese „Rasenkantenplatte Cordula“ ist etwa 35cm lang und 10 cm Breit. Die Trasse wurde zuerst im Garten in ungefährer Lage ausgelegt und danach wurde die Platte in den Rasen eingelassen. Darauf habe ich dann die Geleise mit dem grössten Radius R3 verlegt. Nun konnte mit dem Rasenmäher dicht an die Geleise gemäht werden ohne dass alles abgebrochen werden musste. Ich Bahnhofbereich verlegte ich vier 50 x 1.20 m lange armierte Betonplatten. Doch die Ansprüche stiegen weiter. So war bald der Wunsch da, ein vorbildgerechtes Schotterbett zu machen. Inspiriert von der H0 Anlage wo mit Schotter und Leim/Wasser Gemisch ein realistisches Schotterbett gemacht wird versuchten wir dasselbe im Garten. Mit Katzensand der kiloweise herumstand schotterten wir die Geleise ein und mit einer grossen Spritzkanne voll Leim/Wasser wurde das ganze befestigt. Zum Schluss wurde alles noch mit Rostfarbe nachbehandelt und fertig war das nun sehr realistisch aussehende Gleis. Beim ersten Regen mussten wir aber feststellen, dass das ganze gar nicht Wettertauglich ist. So mussten wir uns auf die Suche nach einer neuen Lösung machen. Sie bestand aus Quarzsand und einem flüssigen Pu Binder. Mit einem Gemisch von 10 Teilen Quarzsand und einem Teil Pu-Binder wurde ein Kleber gemischt und damit die Schienen auf den Platten fixiert und das Schotterbett geformt. Nach dem abbinden hat man ein dauerhaftes, vorbildrichtiges Schotterbett, das sogar mit dem Hochdruckreiniger abgespritzt werden kann.

Heute verkehren bei uns nur noch Fahrzeuge nach Schweizer Vorbild, spezialisiert habe ich mich auf RhB und FO. Nochmals eine ganz neue Dimension war die Ankündigung der RhB Ge 6/6 II der Firma Semaphore KISS. Im Gegensatz zu meinem Vater stamme ich nicht von der Krokodilära ab. Ich bin moderner angehaucht. Und die Ge 6/6 II war zu meiner Kindheit "DIE" Lok schlecht hin am Albula. Wurde doch jeder Personenzug ausnahmslos von dieser Maschine geführt. So konnte ich Stündlich die Lok zweimal bewundern wenn sie vor unserem Haus vorbeigefahren ist. Erst später kamen Ge 4/4 II oder Ge 4/4 III in den Einsatz. Als Ge 6/6 II 1997 im Modell angekündigt wurde da wusste ich DIE muss ich haben. Eine sechsachsige Lok in dieser Spurweite das ist ein unvergessliches Erlebnis. Ich habe die Lok am 17. Juli 1997 (meinem Geburtstag) erhalten und seither hat mich der KISS Virus befallen. Die Firma KISS hat nun in regelmässigen Abständen Modelle präsentiert, die genau meinen Wünschen entsprachen und so konnte ich meine Jugenderinnerungen an die RhB im Modell in meinem Garten leben. Ich wäre gerne Lokomotivführer bei der RhB geworden doch hat sich dies nie ergeben, stattdessen bin ich Lokomotivführer bei der SBB. Und da meine Frau nicht ins Bünderland umsiedeln will, kann ich nicht Lokomotivführer bei der RhB werden. Wir haben nun folgende Abmachung getroffen: Ich darf jedes Modell für die Modellbahn kaufen, solange sie nicht umziehen muss. Um diese Erlaubnis beneiden mich viele Modellbahner und ich kann gut damit Leben.

 

 

Da TRIX es leider versäumte sein MZ System Selectrix auch mit hochstromfesten Decodern auszurüsten und die Decoder den hohen Strömen die bei grossen und schweren Modellen zeitweise auftreten nicht immer gewachsen waren, war ich mit der Zeit gezwungen ein neues System zu evaluieren. Berichte aus der Fachliteratur und Empfehlungen aus dem Kollegenkreis liessen meinen Entscheid auf ZIMO fallen. Nach einem Testumbau einer ersten Lokomotive und einer 24 Stündigen Testfahrt entschloss ich mich, das ganze System von ZIMO zu erwerben. Eine MX1HS, Trafo, Handregler wurden bestellt und alle Lokomotiven durch einen Fachhändler mit den Decodern ausgerüstet. Bis Heute habe ich diesen Entscheid nie bereut und würde jedem der mich um  Rat fragt, dieses System vorbehaltlos empfehlen.

Modell Fotos