Die Frage wie schnell fahren unsere Modellzüge überhaupt, stell sich meistens dann, wenn man auf Austellungen oder Modellbahnertreffen Züge über die Anlage mehr rasen als fahren sieht. Was für eine Wohltat fürs Auge, wenn Ausnahmsweise einmal ein Zug in masstäblicher Geschwindikeit seine Fahrt auf der Modellbahn absolviert.
Das Phänomen der zu schnellen Züge kann unterschiedlichste Ursachen haben. Oft ist es einfach Unwissenheit. Um die Züge in Masstäblicher Geschwindikeit verkehren zu lassen braucht es zuallererst einmal die Kenntnisse, wie schnell fährt eigentlich das Vorbild. Bei Vollbahnen wie SBB, DB oder SNCF werden mit konventionelle Züge auf geeigneten Strecken, Geschwindigkeiten über 500 km/h erreicht.
Bei Schmalspurbahnen sind Geschwindigkeiten bis 150 km/h möglich. Die RhB die eine Schmalspurbahn mit Vollbahncharakter ist, sind Geschwindikeiten bis 100 km/h realistisch. Solch hohe Geschwindigkeiten werden aber nur selten gefahren und nur auf ganz ausgewählten Streckenabschnitten. Im Vereinatunnel oder auf der Strecke Landquart - Chur sind 90 km/h auf der Strecke Thusis - Preda sind es 55 - 75 km/h und nach Arosa gerade mal 15 - 35 km/h. Bei Dampfbahnen mit Museumsbahncharakter werden die Geschwindigkeiten in ähnlichem Rahmen sein.
Die Geschwindigeit ist eine Grösse, die im Zusammenhang von Weg und Zeit steht. Der zurückgelegte Weg in einer bestimmten Zeit, ergibt die Geschwindigkeit. Somit resultiert, viel Weg in wenig Zeit ergibt eine hohe Geschwindigkeit.

Geschwindigkeit [V] = Weg durch Zeit. [V = s÷t] 

Die Masseinheit ist km/h oder m/s, gesprochen km pro Stunde oder Meter pro Sekunde aber niemals kmh. Kmh würde bedeuten km mal Stunde und ist völlig falsch. 

Um nun bei Modellzügen die Geschwindigkeit zu ermitteln und zu fahren, empfehle ich zwei Möglichkeiten:

Erstens: Die Messmethode: Eine Strecke von einem oder mehreren Metern (je länger desto kleiner die Messfehler) abmessen und die genaue Zeit stoppen, die der Zug für die Zurücklegung der Strecke benötigt. Danach berechnet man nach der Formel:

Strecke in m dividiert durch die Zeit in sec x 3.6 x Modellmassstab ( z.B. 22.5 ) ergibt V. 

Beispiel: 1 m ÷ 2 sec x 3.6 x 22.5 ergibt V = 40.5 km/h. 

Oder mit einem GPS: Die Geschwindigkeit V durch ein auf einem Wagen mitfahrendes GPS Gerät (z.B. Garmin) ermitteln lassen und auf das Vorbild umrechnen. 

Geschwindikeit am GPS ablesen, z.B. 1.7 km/h mal 22.5 bei Spur G ergibt 38.25 km/h. Voilà. 

Verkehren die Modellzüge erst einmal mit der richtigen Modellgeschwindigkeit, entwickelt man ein Gefühl für vorbildliche Geschwindigkeiten und kann dann seine Züge entsprechend verkehren lassen, ohne immer wieder aufs Neue messen zu müssen. Sind auf der Anlage sehr enge Radien vorhanden, passt man dann die Geschwindikeit noch nach unten etwas an. Spätestens ab diesem Zeitpunkt merkt man, dass auf den meisten Anlagen viel zu schnell gefahren wird. 
Aus der Streckentabelle des Dienstfahrplan der RhB lassen sich die erlaubten original Höchstgeschwindigkeiten auf der Strecke und die Bahnhofsgeschwindigkeiten der Linie Chur - St. Moritz herauslesen.

 

Auszug aus dem RhB Dienstfahrplan Schiers - Thusis

Fahren nach Fahrplan Mit all diesen Kenntnissen lässt sich zusammen mit etwas Phantasie eine Fahrt auf der Modellbahn nach aktuellem Fahrplan und realistischen Geschwindigkeiten durchführen. Ich hab das mal versucht. Den Zug RE 1261 Disentis - Scuol. 14.45 ab Disentis. Am Handregler kann ich die Uhrzeit 14.40 eingeben. Man braucht ja noch etwas Zeit um sich auf der "Lok" einzurichten und den Zug fahrbereit zu machen. Den "Modellzeitfaktor" am Handregler habe ich mit 3 gewählt. Je nach Anlagengrösse und Stationsabständen muss der Faktor angepasst werden. Sobald die "Zeit" auf 14.45 vorgerückt ist, setzte ich den Zug in Bewegung.

Real braucht der Zug bis zum nächsten Halt, Sumvitg-Cumpadials, 8 Minuten. Mit dem Modellbahnfaktor 3 geht dies etwas schneller. Beim meinem nächsten Bahnhof halte ich an. Fahrgstwechsel, Signal beobachten, Türen schliessen, Abfahrerlaubnis erwarten und die Zeit zeigt auch schon wieder 15.53, so kann abgefahren werden. Bis nach Trun stehen 4 Minuten zur Verfügung. Halt in Trun und das Spiel beginnt wieder von Neuem. Fahrgastwechsel, Türen schliessen, Signalbeobachten, Abfahrerlaubnis und die Uhr zeigt bereits 16.02 eine Minute Verspätung! Die Lok beschleunigt den Zug auf die max. erlaubte Geschwindigkeit von  60 km/h, selbstverständlich Modellgetreu mit der GPS Methode angepasst. Gemäss Dienstfahrplan muss der Zug 16.08 in Tavanasa - Breil/Brigels abfahren. Bis Tavanasa konnte die Verspätung eigenfahren werden und der Modellzug ist wieder pünktlich.

So geht das sehr kurzweilige "Spiel" bis nach Chur weiter. Unterwegs sind Pfeifftafeln gem Streckentabelle zu beachten, dank dem MX690 Sounddecoder in der Lokomotive natürlich kein Problem.