MLGB RhB Ge 6/6 II 702 Curia
MLGB RhB Ge 6/6 II mit einem Schnellzug unterwegs auf der Albulalinie
Modell Lange hat die Modellbahnwelt auf eine RhB Ge 6/6 II aus dem Hause LGB gewartet. Am Abschluss Event zum Jubiläum 50 Jahre LGB im Januar 2018 in Landquart, wie könnte es passender sein, präsentiert MLGB nun endlich die Neuheit RhB Ge 6/6 II für die grosse Spur. Seit 1975 dominierten das legendäre RhB Krokodil Ge 6/6 I und die Ge 2/4 das Bild der Gartenbahner nach Rhätischem Vorbild, kamen 1989 die modernen Ge 4/4 II und etwas später die Ge 4/4 III hinzu, beschränkte sich das Angebot dann lange Zeit nur noch auf Farbvarianten bereits produzierter Modelle. Dies amortisiert zwar dem Produzenten die Formen für die Herstellung der Modelle, aber erfüllt den Wunsch nach der mächtigen Ge 6/6 II in keinster Art und Weise und auch die Neuheit RhB Allegra konnte den Wunsch nach der sechsachsigen Gelenklokomotive nicht zum verstummen bringen. Die Ge 6/6 II, die mächtige Siebenhunderter, steht bei Modelleisenbahner für DIE Lokomotive schlechthin.
Bei der RhB setzt man mittlerweile mehr auf Triebwagen wie Allegra und Capricorn als auf Lokomotiven konventioneller Bauart. Trotzdem sind die Erinnerungen an die in den siebziger Jahren, schweren, mit aus 15 Wagen bestehenden Schnellzügen, die im Stundentakt in Chur und St. Moritz auf die legendäre Albulastrecke geschickt wurden und die mit den mächtigen sechsachsigen Gelenklokomotiven Ge 6/6 II bespannt waren, noch immer präsent und weil den schweren Güterzügen heute noch meistens eine Siebenhunderter vorgespannt wird, ist ein Modell einer Ge 6/6 II nach wie vor das non plus Ultra, was sich ein Modelleisenbahner wünscht.
Als Vorbild zur ersten Modellumsetzung hat MLGB die 702 in rot mit dem Namen Curia und den modernen Einholmstromabnehmer gewählt. Das Vorbild wurde für das LGB Jubiläum extra mit dem Schriftzug 60 Jahre 6 Millionen Kilometer beschriftet und diesen Schriftzug trägt selbstverständlich auch das Modell. Dieser Schriftzug weißt auf die hohe Laufleistung des Vorbildes hin und verleiht dem Modell eine gewisse Exklusivität, vermag aber sicher nicht jeden Modelleisenbahner ganz zu begeistern. Mancher hätte sich wohl lieber ein Modell in neutralem rot oder grün gewünscht. Die Lok wird in einer passgenauen, zweiteiligen Styroporverpackung geliefert und kann nach entfernen des Umkartons und dem Abheben der Styroporhaube, einfach aus der Verpackung gehoben werden. Die Maschine fühlt sich dabei, wie von LGB nicht anders zu erwarten war, sehr robust an. Das Modell bringt ein Gewicht von knapp 6000g auf die Waage was ausreichend ist, für eine gute Adhäsion.
Dank der hohen Massstäblichkeit, konnte die markante Form des Vorbildes von MLGB korrekt wiedergegeben werden, was absolut Notwendig ist und das Modell zu einer imposanten Erscheinung auf jeder Anlage macht. Viele Details, sind perfekt nachgebildet, besonders schön fallen dabei das RhB Logo auf den Achslagerdeckel oder die gravierten Sandkästenklappen auf. Auch der normalerweise weniger gut sichtbare Dachbereich wurde schön nachgebildet. Leitungen, Isolatoren, Hauptschalter und Erdungsmesser sind vorbildlich dargestellt. Die Einholmstromabnehmer sind epochengerecht und mit Servomotoren angetrieben. Der vorbildtypische Warnpfeil auf dem gut sichtbaren roten Blech, vorne am Stromabnehmergelenk wurde leider nicht realisiert. Dagegen «ziert» ein zusätzlicher Bügel am Pantogelenk den Modellstromabnehmer – woher der kommt und der auch schon andere Modelle von MLGB verunstaltet hat, ist nicht offensichtlich. Um die bei LGB übliche Kurvengängigkeit für den R1 Radius von 60 cm zu erreichen, griffen die Lehmänner bei den Drehgestellblenden zu einem Trick. Damit die Drehgestelle genügend Spiel zum Ausschwenken haben, wurden die Drehgestellblenden einige Millimeter aus dem Achslagerzentrum nach unten verschoben. Bei einem normalen Betrachtungswinkel fällt dieser Trick aber nicht negativ auf.
Angetrieben wir das Modell von zwei längsliegenden Bühlermotoren die in den Drehgestellgetriebekästen untergebracht sind. Dadurch kommen die schönen Achsen mit den Speichenräder und angedeutete Details des Bremsgestänge nicht voll zu Geltung, sind aber ein Garant für eine hohe Zugkraft auf der heimischen Albulastrecke. Die Stromabnahme erfolgt primär über die vier Räder der Enddrehgestelle, um die Sicherheit der Stromabnahme noch zu erhöhen, sind die Enddrehgestell zusätzlich mit Schieneschleifkontakten versehen. Schienenschleiftkontakte sind ein Relikt aus früheren Jahren, die für einen besseren Kontakt zwischen Modell und Schienen sorgen sollten. Mit sauberen Schienen und einer zuverlässigen Stromversorgung am Gleis, in Verbindung mit einem effizienten Powerpack auf dem Decoder, wären sie aber nicht mehr zwingend notwendig und die Modelle würden viel originalgetreuer werden
Das Modell wird nur Digital angeboten und ist mit einem markentypischen mxf Decoder ausgerüstet. Dieser sorgt auch für die vorbildliche Illumination des Modells nach Schweizer Vorschriften, steuert die beiden Stromabnehmer und ist mit den Sounds vom Vorbild ausgestattet. Das motorische heben der Pantos erfolgt nach einem programmierten Ablauf, bei jedem drücken der Pantofunktion hebt sich zuerst Panto I, dann Panto II, beim weiter betätigen der Funktion senkt sich dann wieder Panto I dann Panto II. Jedes Mal unterlegt mit dem vorbildlichen Sound. Die Stationsansagen sind für realistische Zugäufe auf der Albulastrecke vorhanden, beim Betätigen der Funktion werden die Ansagen jedes fahrplanmässigen Halts, in chronologisch richtiger Reihenfolge wiedergegeben.
Die Lokfront ist sehr stimmig. Sehr gut wurden die Radien der Frontfenster getroffen, was dem Modell ein hohes Mass an Vorbildlichkeit verleiht. Die LBT Steckdose der Steuerleitung für Licht Beschallung und Türen wurde nicht realisiert. Korrekt ist, dass diese Version, sie entstand ja aus der Prototypenlok mit dreiteiliger Front, eine andere Form beim mittleren Spitzenlicht oben hat. Ein Hingucker ist das markante und gut sichtbare Rohr mit der Kondensationsschlaufe, dass sich an der Seite beim Drehgestell I befindet. Die Beschriftung ist akkurat und sehr sauber ausgeführt. Lackierung und Druck sind gut, an schwierigen Stellen aber nicht immer ganz lupenrein getroffen. Die Loknummer auf der Front ist eine Spur zu klein geraten. Auch der Puffer ist zu klein.
Masse in mm |
Vorbild |
1:22,5 |
Modell |
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Länge über Puffer |
14500 |
644 |
642 |
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Länge Lokkasten |
13400 |
596 |
598 |
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Frontachsstand |
1150 |
51 |
51 |
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Pufferlänge |
550 |
24 |
30 |
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Drehgestelachsstand |
2500 |
111 |
111 |
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Breite Lokkasten |
2650 |
118 |
119 |
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Höhe Lokkasten |
3300 |
147 |
140 |
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Achsabstand Innen |
1800 |
80 |
79 |
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Raddurchmesser |
1070 |
47.6 |
47.0 |
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Abweichungen unterliegen den üblichen Toleranzen!
Die LGB RhB Ge 6/6 II ist optisch ein TopModell und dank dem Entscheid, auch in der Breite das Modell massstäblich zu machen, ein Ebenbild vom Vorbild. Die Angst, dass die korrekte breite Lok mit dem etwas schmäleren restlichen Wagenpark von LGB nicht zusammenpasst ist unbegründet, da man in dieser Spur solche Abweichungen durchaus toleriert. Und wenn der Trend zu massstäblichen Modellen in der Spur 2m auch weiter anhält, dann konsolidiert sich das Problem von alleine. Das qualitativ solide Modell lässt fast keine Wünsche offen. Einige Details wurden unterschlagen aber das Preisleistungsverhältnis ist hoch und man erhält für sein Geld ein sehr schönes Modell, dass eine willkommene Bereicherung des Fuhrparks sein wird. Und auch das Modell der RhB Ge 6/6 II ist für viele Farbvarianten geradezu prädestiniert, so dass man davon ausgehen darf, dass bald auch weitere Versionen, auch in grün und rot ohne Jubiläumsanschrift, folgen werden. Und last but not least, liesse sich aus vielen Teilen, die bei der Modellumsetzung für die Ge 6/6 II Verwendung fanden, wie zum Beispiel Drehgestelle, Lüftergitter, Isolatoren und Hauptschalter auch eine anderes, nicht weniger interessantes Modell realisieren. Man darf also gespannt sein.