ZMB BDe 4/4 92 Extrafahrt ins Entlebuch beim Toilettenhalt im Bahnhof Luzern 20.9.2015
Im März 1996 gleisten ein paar Eisenbahnenthusiasten die Zürcher Museumsbahn ZMB auf. Auf wenigen Metern Gleis von Sihlwald nach Sihlbrugg und unter Benützung der angrenzenden Trasse der SIHLTALBAHN heute SZU oder Linie S4 des Zürcher Verkehrsverbundes ZVV, wurde den ausgedienten Fahrzeugen der SIHLTALBAHN ein neues Zuhause geboten. Das Paradepferd bildet die Dampflok E 3/3 mit passenden Wagen aus der Anfangszeit der Sihltalbahn. Jedoch sind auch elektrische Triebwagen und ein Traktor im Fahrzeugbestand der ZMB zu finden. Heuer feiert der Verein sein 20-Jähriges Jubiläum, das Fest fand am Pfingstwochenenden 2016 statt.
Längst fährt die ZMB aber nicht mehr nur im heimischen Vorgarten, sondern verlässt für Eventfahrten gerne auch einmal das Sihltal, um sich weit ausserhalb des eigenen Einsatzgebietes zu präsentieren. Regelmässig finden solche Fahrten am Eidgenössischen Bus- und Bettag statt. Im Jahre 2015 führe die Reise weit ins Entlebuch rund um den Napf (Bergspitze) und wieder zurück ins Sihltal. Als Fahrzeug kam der renovierte und in ein Partyfahrzeug umgebaute Triebwagen BDe 4/4 92 ex SZU zum Einsatz. Viele Jahre stand dieser Triebwagen im unermüdlichen S-Bahn Betrieb auf der Sihltalbahn im Einsatz. Heute frönt er einem geruhsamen Lebensabend bei der ZMB.
Mit dem Verfasser dieses Artikels verbindet der BDe 4/4 ein lange Tradition. Aufgewachsen in "Sihltalcity" in Adliswil, der Hauptstadt des Sihltal, war die Sihltalbahn über Jahrzehnte die einzige Verbindung des öffentlichen Nahverkehrs in die Kantonshauptstadt Zürich. Eine Buslinie, ab dem städtischen Aussenquartier Wollishofen stand nur bis kurz vor die Stadtgrenze zur Verfügung und war nur bedingt eine Alternative und dies auch nur für die Bevölkerung auf der linken Sihlseite von Adliswil. Die rechte Sihlseite war fast gänzlich auf die Sihltalbahn angewiesen. Eine "Reise" in die Stadt kam einem als Kind immer wie ein Erlebnis vor, barg sie doch aber meistens eine besondere Überraschung. Je nach Lokführer, die einen liessen an der Führerstandstüre des Triebwagens oder Steuerwagens das Sichtschutzrollo offen, konnte man aus der Lokführersicht die Strecke beobachten. Diese Gelegenheit nutze ich so oft wie möglich und war schon bald auf der Sihltalbahn "streckenkundig". Später war die SZU dann das tägliche Transportmittel um zur Arbeitsstelle zu gelangen. Immer mit dem selben Zug um 06.06 Uhr in die Stadt und am Abend wieder mit dem Zug zurück. Die SZU wurde erst 1990 zur Eröffnung der S-Bahn im Kanton Zürich bis ganz in den Hauptbahnhof verlängert und stellt seit da, eine der meist benutzen S-Bahn Linie im Verbund dar.
Die Formschönen aber langsam in die Jahre gekommen Triebwagen des Typs BDe 4/4 wurden ab da, sukzessive durch die modernen und viel leistungsfähigeren Umrichterlokomotiven des Typs Re 4/4 ersetzt die Heute die Haupttraktion der SZU bilden. Die BDe 4/4 wurden an die dddd nach Österreich verkauft oder verschrottet. Der Triebwagen 92 konnte gerettet werden und wurde nach einer Asbestsanierung wieder liebevoll restauriert, mit der Lackierung aus der Ablieferungszeit versehen und dem neuen Verwendungszweck entsprechend mit einer Küche und einem grossen Speiseraum ausgestattet. Der BDe 4/4 92 darf, ausser auf den Strecken mit ETCS und Zahnradstrecken, auf dem gesamten Normalspurnetz der Schweiz verkehren.
Am Bettag 2015 führte die Reise vom unteririschen Bahnhofteil der SZU, im Zürcher Hauptbahnhof, durch das Sihltal via Sihlbrugg auf das Netz der SBB und durch den Sihlbruggtunnel über Zug, Rotkreuz nach Luzern. Da die SIHLTALBAHN auf Grund der kurzen Streckenlänge nie Toiletten in ihren Fahrzeugen benötigte (oder nur in seltenen Einzelfällen benötigt hätte) waren keine WC`s für die Reisenden in den Fahrzeugen vorhanden. Somit musste in Luzern ein WC Halt eingelegt werden.
ZMB BDe 4/4 92 wartet im Bahnhof Entlebuch auf den Kreuzungszug
Danach ging es auf der malerischen Strecken durchs Entlebuch (das grösste Buch der Schweiz) via Wollhusen nach Langnau im Emmental. Während der Fahrt wurde man durch die Bordcrew zuerst mit Kaffe und Gipfeli versorgt, später war ein opulentes Mittagessen geplant. Bereits ab Luzern, der Kaffeduft hatte sich noch nicht ganz aus den Abteilen verflüchtig, stieg einem bereits ein wohlriechender Duft aus der Küche entgegen und auch wenn erst gerade die Kaffeetasse leer war, bekam man bereits wieder Hunger. Im Bahnhof Entlebuch musste auf der einspurigen Strecke der Kreuzungszug aus Bern nach Luzern abgewartet werden. Auch dieser Halt wurde für einen raschen Gang auf die Toilette genutzt. Punktlicht zur Mittagszeit erreichte unser Triebwagen Langnau im Emmental, früher endeten die Fahrten des BDe 4/4 92 in Langnau am Albis. Heute war Langnau i. E. ein Teilziel seiner Reise.
Mittagspause in Langnau im Emmental
Nach dem Kaffe ging die Fahrt weiter über Ramsei, und längst vergessen Strecken im Emmental nach Huttwil und wieder zurück via Wollflusen nach Luzern. In Ramsei bietet sich den Eisenbahnfreunden ein Schauspiel besonderer Art. Ramsei verfügt über einen vollamtlichen Weichensteller, der im ganzen Bahnhof für das stellen der Weichen uns Zugfahrstrassen zuständig ist. Dies an und für sich nichts besonderes, wenn die Aufgabe des Weichenstellers nicht von einem Stellwerk aus, sondern per Fahrrad, an Ort und Stelle jeder Weiche im Bahnhof ausgeführt würde. Das in einem Bahnhof der nicht sporadisch zwei dreimal im Jahr von einem Nostalgiezug befahren wird, sondern in einem Bahnhof der 1/2 Stündlich von Zügen der S-Bahn Bern benutzt wird. Zwischen Summiswald und Huttwil wurde ein Streckenabschnitt der ehemaligen Vereinigten Huttwil Bahnen befahren, der heute nicht mehr im Betrieb ist und einen Teil der Dampfbahn Bern bildet. Ab Huttwil ging die Reise wieder via Wollhusen zurück nach Luzern. In Wollhusen wäre ein weiter WC Halt geplant gewesen, da es sich aber bei einer richtigen Extrafahrt gehört, dass der Zug grosse Verspätung hat, musste dieser Halt kurzgehalten werden, so dass man das Trasse, zurück nach Luzern und weiter Richtung Zürich, nicht verpasste.
ZMB BDe 4/4 92 im letzen Abendlicht in Litti 20.9.2015
Die nächste grosse Fahrt mit dem ZMB BDe 4/4 92 findet am Sonntag 1. Oktober 2016 statt. Wieder geht es ins Luzerner Hinterland, zu den Huttwiler Dampftagen und Triebwagentreffen. Kaffe, Gipfeli und ein feines Mittagsmenue sind im Fahrpreis inbegriffen. Sicher auch eine Reise wert.